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Pflege
Vielfach wird der naturnahe Garten mit einem ungepflegten und verwahrlosten Garten gleichgesetzt. In Wirklichkeit erfordert er eine intensive Auseinandersetzung mit dem Gewachsenen. Bewusst wird an einem Ort zugelassen, am andern eingegriffen. Auch ein naturnaher Garten kann gepflegt aussehen!
Für den Balanceakt zwischen Zulassen und Eingreifen gibt es keine Ideal- oder Patentlösung, sanfte oder starke Pflegemassnahmen lösen im Garten entsprechende Reaktionen aus. Ein naturnaher Garten verändert sich ständig, oft in kleinen, zunächst kaum merkbaren Schritten. Die Pflege kann deshalb nicht starren Mustern und fixen Terminen folgen, sondern sie richtet sich nach Entwicklungen und ergibt sich nach und nach aus der Erfahrung. Nehmen Sie sich Zeit und beobachten Sie ihren Garten, bevor Sie eingreifen.
Im einem naturnahen Garten werden drei Reifungsphasen unterschieden, die mit dem Erwachsenwerden des Menschen verglichen werden können:
Der neu angelegte Garten – das schutzlose Kleinkind
Im ersten und zweiten Jahr braucht der Garten ähnlich einem Kleinkind ein hohes Mass an Zuwendung. Die neu gepflanzten Wildstauden etablieren sich erst langsam und müssen durch Ausjäten unerwünschter Begleitpflanzen geschützt werden. In Trockenzeiten ist eine Bewässerung nötig, da die Wurzeln erst oberflächlich entwickelt sind. Empfindliche Jungpflanzen werden durch gezieltes Ablesen der Schnecken an regnerischen Tagen geschützt. Blumenwiesen brauchen einen regelmässigen Pflegeschnitt, um unerwünschte Beikräuter einzudämmen.
Der ungezähmte Garten – die wilde Jugend
Im zweiten bis vierten Jahr ist der Garten in einer anspruchsvollen Phase. Manche Stauden gedeihen jetzt hervorragend und müssen zugunsten schwächerer Arten zurückgenommen werden. Obstgehölze müssen durch Schnitt erzogen werden, während die anderen Gehölze kaum einen Eingriff benötigen. Einzelne Arten kümmern trotz liebevoller Pflege und zeigen damit, dass der gewählte Standort für sie nicht stimmt. Es gilt von einzelnen Wunschbildern Abschied zu nehmen - der Garten entwickelt sich an manchen Stellen in eine andere Richtung. Kein Grund, alles auszureissen und neu anzulegen. Das Vertrauen in die gestaltende Kraft des Gartens wird sich später auszahlen.
Der etablierte Garten – der reife Erwachsene
Ab dem fünften Jahr etabliert sich der Garten. Die Staudenpflanzungen sind eingewachsen und bilden geschlossene Bestände, starkwüchsige und wuchernde Arten müssen gesteuert werden. Die Sträucher sind nun deutlich zu erkennen und beginnen Räume, Nischen und Schattenplätze zu formen. Wiese und Rasen stabilisieren sich. Veränderungen im Garten sind nun besser verständlich und die notwendigen Pflegeeingriffe damit eher absehbar.
Regelmässige Pflegeeingriffe
Als regelmässige Pflege verbleibt neben dem Rasen- und Wiesenschnitt jährlich der Rückschnitt der dürren Stauden. Dies geschieht am besten erst im Frühjahr, bevor die Stauden frisch austreiben. Dürre Stängel und Fruchtstände können im Winter ungeahnten Zierwert entfalten und in hohlen Stängeln überwintern eine Vielzahl von Insekten.
Auch wuchernde oder unerwünschte Kräuter werden am effektivsten im Frühjahr entfernt. Problemkräuter wie Geissfuss (Giersch) oder Ackerschachtelhalm haben sich vielleicht trotz intensiver Bemühungen eingenistet. Es gibt aber zierende Stauden, die mit diesen ungebetenen Gästen erfolgreich konkurrieren können.
In Schattenbereichen und unter Gehölzen wird Laubstreu nicht entfernt, da es nach der Zersetzung den Boden verbessert. Zusammengerechtes Laub wird in einer Ecke des Gartens deponiert, mit Astmaterial bedeckt und bietet Igeln, Amphibien und vielen anderen Tieren einen Überwinterungsplatz.
Kein Einsatz von Dünger und Pestiziden
Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist im naturnahen Garten nicht nötig. Blattläuse werden früher oder später von den im Garten lebenden Florfliegen und Marienkäfern dezimiert, Mehltau sieht unschön aus, schädigt aber eine vitale Wildstaude kaum. Nur Schnecken können arge Schäden anrichten. Besonders gefährdet sind der zarte Frühjahrsaustrieb und Jungpflanzen. Gezieltes Ablesen der Schnecken an regnerischen Tagen lässt manche Jungpflanze genügend stark werden, um in Zukunft zu überleben. Wenn gar nichts unternommen wird, werden sich mit der Zeit einfach die schneckenresistenten Pflanzen durchsetzen.
Eine Düngung ist bei standortgerechter Pflanzung nicht notwendig, liegen gelassenes Laubstreu oder gegebenenfalls reifer Kompost verbessern den Boden. Torf ist im naturnahen Garten so unnötig wie tabu, denn seine Herstellung zerstört weltweit den besonders empfindlichen und wertvollen Lebensraum "Hochmoor".
Problemkräuter
Die sogenannten Problemkräuter sind Pflanzenarten, die durch ihren starken Ausbreitungstdrang (starke Versamung, unterirdische Ausläufer etc.) andere Pflanzen verdrängen und so im Garten zu Problemen führen. Problemkräuter sind allerdings genauso Bestandteil naturnaher Lebensräume und wertvolle Futterpflanzen wie gern gesehene zierende Wildstauden.
Problemkräuter haben wie die meisten Wildstauden bestimmte Standorteigenschaften. Ihr massiertes Auftreten weist also auf bestimmte Eigenschaften des betreffenden Gartenbereiches hin, die Brennnessel beispielsweise auf hohen Stickstoffgehalt des Bodens. Es gelingt kaum, Problempflanzen ohne massiven Aufwand völlig zu verdrängen. Hingegen ist bei Kenntnis der Standorteigenschaften die Chance gross, bevorzugte Wildstauden erfolgreich mit den Problempflanzen konkurrieren zu lassen. Dann tritt der Problemcharakter in den Hintergrund und wir können vielleicht sogar die positiven Eigenschaften der (Problem)kräuter entdecken.
Eine Tabelle [PDF] gibt eine Übersicht über die häufigsten Problemkräuter in naturnahen Gärten und deren Eigenschaften.