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Natur im Siedlungsraum

Siedlungen bieten uns Menschen alles, was wir brauchen auf engem Raum. Hier sind wir zuhause, wir finden unsere Nahrungsmittel im Laden um die Ecke und gelangen auf gut ausgebauten Wegen zu unseren Arbeitsstätten oder zu Treffen mit Freunden im Kaffee, Park oder Club. Einheimische Tierarten (auch Pflanzen und Pilze) haben die gleichen Ansprüche an ihre Lebensräume wie wir Menschen. Sie brauchen Orte, wo sie sich verstecken und ihre Jungen aufziehen können, sie brauchen Zugang zu Nahrung und sichere Wege um Artgenossen zu treffen. Städte und Dörfer, Quartiere und Grünanlagen bieten für eine Vielzahl einheimischer Arten sehr gute Voraussetzungen und vielfältige Lebensräume dicht beieinander: Es gibt karge und üppige Stellen, warme Fassaden mit Nischen, alte Bäume, Blumen und Sträucher, häufig bereichern auch Bäche oder Flüsse den Siedlungsraum. Sie ziehen sich wie Adern durch grosse Teile der Siedlungen und dienen als Vernetzungsachsen. Gärten, Rabatten oder begrünte Dächer sind Trittsteine entlang solcher Achsen. Untersuchungen zeigen, dass sich im Siedlungsraum mehr Arten niederlassen können, als auf gleich grossen Gebieten im Wald oder im Landwirtschaftsland.
Qualitative Verdichtung des Siedlungsraumes
Die Verdichtung des Siedlungsraumes ist nötig, um die offene Landschaft vor Überbauung zu schützen. Gleichzeitig bringt diese Bauweise die Natur im Siedlungsraum unter Druck. Alte Bäume und vielseitige Gärten weichen grossen Überbauungen, Grünflächen werden mit monotoner Bepflanzung oder Schotter versehen, um den Pflegeaufwand zu senken und die steigende Mobilität führt zur stärkeren Versiegelung des Bodens. Diese Effekte verringern die Lebensraumqualität und die Durchlässigkeit des Siedlungsraumes. Wertvolle Nischen für Tiere und Pflanzen verschwinden immer mehr. Deshalb ist es wichtig, naturnahe Grünräume zu fördern, grosse Bäume zu erhalten sowie neue Nistmöglichkeiten zu schaffen. Wenn verdichtet wird, ohne die Kühlung durch Pflanzen und Gewässer zu berücksichtigen, werden die Temperaturen immer höher und die Dörfer und Städte auch für uns Menschen unbewohnbar.
Biodiversität als Lebensgrundlage
Die menschliche Zivilisation ist stark mit den natürlichen Prozessen verwoben. Die Ökosysteme leisten unzählige Dienste zugunsten der Gesellschaft. Beispielsweise sauberes Wasser, Reinigung der Luft, Nahrung für Menschen und Tiere, Wirkstoffe für Medikamente sowie der Schutz vor Naturgefahren, die Kühlung an Hitzetagen, die Reduktion des Lärms, die Lieferung von Bau- und Brennmaterial. Sie sorgen aber auch für Erholung, Wohlbefinden und Gesundheit und steigern die Attraktivität einer Gemeinde.
Die Erhaltung einer intakten Natur auch innerhalb der Städte ist somit nicht nur Luxus oder «nice to have». Eine Studie der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz (scnat) untersucht das Zusammenspiel von intakter Natur mit der Gesundheit. Der Bericht offenbart viele Hinweise, dass unsere psychische und physische Gesundheit von Naturerlebnissen direkt vor der Haustüre stark profitieren kann.
Gemäss einer Studie sind artenreiche Wiesen stabiler und produktiver. Zudem sind positive Effekte von artenreichen Flächen auf die Bestäubung der Kulturpflanzen und auf die Regulierung von Schädlingen nachgewiesen. Ein vielfältiges, intaktes Ökosystem ist weniger anfällig auf Einflüsse von aussen.
Ausführliche Argumente warum wir die Natur auch im Siedlungsraum brauchen, finden sie hier.
Situation im Kanton Basel-Landschaft
Die Situation im Baselbiet ist nicht anders als in vielen anderen Kantonen. Schottergärten nehmen zu, die Fläche an naturnahen Gärten nimmt ab, Brutplätze in alten Gebäuden verschwinden mit deren Abriss. Im Landrat werden Themen wie die Entsiegelung von Böden, den Erhalt von Grossbäumen, Massnahmen zur Reduktion der Hitzeentwicklung, die Aufwertung von Schularealen etc. immer wieder in verschiedenen Vorstössen angesprochen:
- Interpellation Schottergärten 2018/670 und
- Interpellation Insektensterben 2018/826.
- Böden entsiegeln 2020/691
Der Regierungsrat weist in der Beantwortung dieser Vorstösse darauf hin, dass die öffentliche Hand eine Vorbildfunktion einnimmt. Eine Regulierung oder gar Verbote innerhalb der Siedlungsräume sind jedoch nur schwer umzusetzen.
Der Kanton nimmt seine Verantwortung wahr und versucht, Spielräume auszunutzen. Dabei werden verschiedene Strategien verfolgt:
- Unterstützung der Gemeinden bei der Aufwertung ihrer eigenen Flächen
- Aufwertung von Flächen im Kantonsbesitz, z. B. Strassenräume und Schulareale
- Beratung von Planenden bei grossen Bauvorhaben
- Sensibilisierung durch Vorträge und Veranstaltungen
- Kurs- und Weiterbildsangebote
Invasive Neobiota bedrohen die biologische Vielfalt
Gebietsfremde Pflanzen (Neophyten) und Tiere (Neozoen) wurden fast immer durch den Menschen an neue Orte verfrachtet oder sie gelangen unabsichtlich als «blinde Passagiere» via Handelswege zu uns. Auch in der Schweiz haben sich viele Arten angesiedelt. Die Mehrheit gebietsfremder Pflanzen ist gut in unsere Umwelt integriert und hat die heimische Flora bereichert. Andere breiten sich jedoch unkontrolliert aus, weil sie keine natürlichen Gegenspieler oder Feinde haben. Invasive gebietsfremde Pflanzen und Tiere tragen weltweit zum Rückgang der biologischen Vielfalt bei. Sie verdrängen die einheimische Fauna und Flora, können Probleme verursachen und grossen Schaden anrichten. Daher ist es wichtig, diese invasiven Arten zu kontrollieren oder sogar zu bekämpfen. Mehr dazu erfahren Sie auf der kantonalen Neobiotafachstelle.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit
Für den Erhalt und die Förderung der Natur im stetig wachsenden Siedlungsraum ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit unabdingbar. Die Abteilung Natur und Landschaft sucht den Austausch mit Organisationen und Verbänden und arbeitet themenübergreifend mit anderen kantonalen Ämtern zusammen. Sie initiiert gemeinsame Projekte wie beispielsweise das Citizen Science Projekt «Wilde Nachbarn beider Basel» welches kantonsübergreifend gefördert und von einer breiten Trägerschaft an Organisationen unterstützt wird.
Informationen und Merkblätter
Weitere Informationen finden Sie hier