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07.12.2022

Regierungsrat überweist kantonales Energiegesetz und zugehöriges Dekret an den Landrat

Der Regierungsrat unterbreitet dem Landrat Vorschläge zur Änderung des Energiegesetzes und des zugehörigen Dekrets. Die Vorschläge leiten sich aus dem Energieplanungsbericht 2022 ab. Die Vorschläge beinhalten Massnahmen für bestehende Wohnbauten, für Neubauten und für Nicht-Wohnbauten und fallen in die Kompetenz des Landrats. Ebenso schlägt die Regierung vor, dass die Gemeinden eine eigene Energieplanung erstellen. Ziel der Anpassungen ist eine verbesserte Energieeffizienz im Kanton, ein rascher Ausbau der erneuerbaren Energien bei der Wärme und beim Strom sowie eine Reduktion der Abhängigkeit von Energieimporten aus dem Ausland. 

Kernelemente der Vorlage bilden Vorgaben einer «erneuerbaren» Heizung sowie zur Photovoltaik (PV)-Eigenstromerzeugung bei Neubauten. Bei neuen Nicht-Wohnbauten sollen Gebäudeautomation und eine Betriebsoptimierung künftig zum Standard werden. Aufgrund der zunehmenden Elektromobilität sollen Neubauten bestimmte Anforderungen an die dafür erforderliche Ladeinfrastruktur erfüllen. Ausserdem soll eine Rechtsgrundlage geschaffen werden, damit Ladeinfrastrukturen in Mehrparteiengebäuden künftig finanziell gefördert werden können. Gemeinden wiederum sollen für ihr Gebiet innert nützlicher Frist eine eigene Energieplanung erstellen. 

Mit Ausnahme der Vorgabe an die Gemeinden zur kommunalen Energieplanung gehen die Vorschläge auf die Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich aus dem Jahr 2014 (MuKEn 2014) zurück. Andere Kantone haben diese Mustervorschriften in vergleichbarer Form bereits eingeführt. Bei der PV-Eigenstromerzeugung wurden die Anforderungen gegenüber dem Vorschlag in der MuKEn 2014 bewusst angehoben, weil sich der Trend zur Elektrifizierung im Gebäudebereich und insbesondere zu Elektromobilität seit 2014 doch wesentlich verstärkt hat. Des Weiteren sind die PV-Anlagen mit den hohen Energiepreisen unlängst auch finanziell sehr attraktiv geworden.

Die vorgeschlagenen Massnahmen lösen Investitionen im Kanton aus und setzen positive Impulse für die regionale Wirtschaft, von der zuvorderst die KMU in der Region profitieren können. Sie sorgen dafür, dass weniger Mittel für fossile Energien ins Ausland abfliessen und die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern sowie vom Ausland mittelfristig deutlich abnehmen. Die Massnahmen dienen aber auch der Versorgungssicherheit, da die Energieeffizienz verbessert und mehr Energie vor Ort erzeugt wird. Das trägt mittelfristig dazu bei, das Risiko von Versorgungsengpässen zu verkleinern. 

Mehrheit begrüsst Änderungsvorschläge zum Energieplanungsbericht

Die Bau- und Umweltschutzdirektion hat im Auftrag des Regierungsrats zwischen dem 26. Januar und dem 25. April 2022 zu den vorgeschlagenen Massnahmen eine Vernehmlassung durchgeführt. Bei der Bau- und Umweltschutzdirektion gingen im Rahmen dieser Vernehmlassung insgesamt 64 Stellungnahmen ein. Erwartungsgemäss hätten sich vereinzelte Akteure noch stärkere Massnahmen gewünscht, andere wiederum einen gänzlichen Verzicht auf die Vorlage. Die überwiegende Mehrheit der Akteure begrüsst indes sowohl die Vorlage als Ganzes als auch die einzelnen Massnahmen. Aus der breiten Zustimmung kann abgeleitet werden, dass die vorgeschlagenen Änderungen im Grundsatz als ausgewogen und zielführend eingestuft werden. Der Regierungsrat hat deshalb bei der Überarbeitung darauf verzichtet, Massnahmen aus der Vorlage zu streichen, oder weitergehende Massnahmen, wie solche gerade kürzlich auch mit parlamentarischen Vorstössen gefordert wurden, zusätzlich in die Vorlage aufzunehmen. 

Mit der Vorlage an den Landrat beantragt der Regierungsrat, die Vorstösse 2019/212 «Eigenstromerzeugung bei Neubauten», 2019/814 «Strategie zur Nutzung der Solarenergie im Baselbiet» und 2020/35 «Förderung von E-Parkplätzen für Mieterinnen und Mieter» abzuschreiben. 

Die Vorlage an den Landrat leitet sich direkt aus dem Energieplanungsbericht 2022 ab, den der Regierungsrat am 25. Januar 2022 beschlossen und der Landrat am 19. Mai 2022 zur Kenntnis genommen hat. Der Regierungsrat zeigt darin auf, welche Schwerpunkte und neuen Massnahmen er beim Umbau des Energiesystems aktuell als vordringlich erachtet. Der Energieplanungsbericht 2022 bildet einen zentralen Bestandteil der Klimastrategie, welche der Regierungsrat bis 2023 erarbeitet. Im Rahmen seiner Klimastrategie wird der Regierungsrat auch auf weitere Emissionssektoren vertieft eingehen (Landwirtschaft, etc.). Eine nächste energiepolitische Lagebeurteilung folgt mit dem nächsten Energieplanungsbericht in rund vier Jahren.

Landratsvorlage


Faktenblatt mit Kurzbeschrieb der wesentlichsten Elemente 

Massnahme M01 «Vorgabe einer erneuerbaren Heizung» (Entwurf § 1a Dekret zum EnG BL): Bei Neubauten oder beim Heizungsersatz soll künftig eine erneuerbare Heizung eingesetzt werden soweit dies technisch möglich und über die Lebensdauer der Anlage wirtschaftlich ist. Mit einer solchen Regelung lässt sich der Treibhausgasausstoss aus der Erzeugung von Wärme und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen deutlich reduzieren. Der Wechsel auf erneuerbare Heizungen wird finanziell unterstützt, sodass sie – insbesondere bei den aktuellen Energiepreisen – gegenüber herkömmlichen fossilen Systemen über die Lebensdauer in aller Regel keine markanten Mehrkosten verursachen. Die Regelung respektiert den Lebenszyklus und greift erst, wenn der Brenner oder der Kessel ersetzt werden muss. Sie zielt in dieselbe Richtung wie jene Regelungen, die im Kanton Zürich oder auch in anderen Kantonen unlängst beschlossen worden sind. 

Massnahme M05 «Vorgabe einer thermischen Regeneration von Erdwärmesonden» (Entwurf § 22 und 23 EnG BL): Neue Erdwärmesonden sollen künftig regeneriert werden, damit der Untergrund über die Dauer nicht auskühlt. Eine solche Regel führt zu Beginn zu höheren Investitionskosten, dient aber der Effizienz und führt zu Einsparungen an Strom und Stromkosten im Betrieb. 

Massnahme M07 «Vorgabe zur Gebäudeautomation bei neuen Nicht-Wohnbauten» (Entwurf § 19a EnG BL) und Massnahme M08 «Vorgabe zur Betriebsoptimierung bei Nicht-Wohnbauten» (Entwurf § 19b EnG BL): Bei neuen Nicht-Wohnbauten soll eine Gebäudeautomation künftig zum Standard werden, eine Betriebsoptimierung zudem bei allen Nicht-Wohnbauten. Nicht-Wohnbauten (Verwaltung, Schule, Verkauf, etc.) sind schweizweit für einen Drittel des Energiebedarfs von Gebäuden verantwortlich. Die Regeln sind Bestandteil der MuKEn 2014 und stellen sicher, dass die einzelnen Gebäudetechnik-Komponenten in den betreffenden Gebäuden sinnvoll gesteuert werden und ein energieeffizienter Betrieb gewährleistet ist. Erfahrungen des Kantons mit der Betriebsoptimierung zeigen, dass solche Massnahmen nicht nur energetisch sinnvoll sind, sondern sich auch finanziell lohnen und entsprechend wirtschaftlich sind, speziell bei den aktuellen Energiepreisen. Gebäude der Kategorien I «Wohnen MFH» und II «Wohnen EFH» sind von dieser Regelung bewusst ausgenommen. 

Massnahme M10 «Vorgabe zur Photovoltaik-Eigenstromerzeugung bei Neubauten» (Entwurf § 2a Dekret zum EnG BL): Neue Bauten sollen künftig einen Teil der von ihnen benötigten Elektrizität mittels PV-Anlagen selber erzeugen. Dies dient dem angestrebten Ausbau der PV in der Schweiz und deshalb Teil der MuKEn 2014. Die Regel kann ohne signifikanten Mehraufwand im ordentlichen Baugesuchsverfahren abgewickelt werden und entspricht ausserdem einem Wunsch des Parlaments. Sie ist so ausgestaltet, dass sie zu Anlagengrössen mit einer guten Wirtschaftlichkeit führt. 

Massnahme M14 «Vorgabe für Ladeinfrastrukturen bei Neubauten» (Entwurf § 106a RBG): Grössere Neubauten, wie z.B. Mehrfamilienhäuser, Verwaltungsgebäude oder Parkhäuser sollen künftig mit einer Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge ausgerüstet werden, wobei sich der Ausbaustandard nach der Gebäudenutzung richtet. Die Regel stellt sicher, dass Neubauten künftig so konzipiert sind, dass sie von Beginn weg auf die Bedürfnisse der Elektromobilität zugeschnitten sind und kostspielige nachträgliche Nachrüstungen soweit wie möglich vermieden werden. Einfamilienhäuser werden von dieser Regel nicht betroffen sein. 

Massnahme M15 «Förderung von Ladeinfrastrukturen in bestehenden Mehrparteiengebäuden» (Entwurf § 35 EnG BL): Künftig sollen auch Massnahmen zugunsten von emissionsarmen Kraftfahrzeugen finanziell gefördert werden können. Das Nachrüsten von Ladeinfrastrukturen bei bestehenden Mehrparteiengebäuden (Stockwerkeigentum sowie Mietgebäude) ist aufwendig. Die finanzielle Unterstützung von Ladeinfrastrukturen in bestehenden Mehrparteiengebäuden soll dazu beitragen, mehr Hauseigentümer/innen zu motivieren, Lademöglichkeiten einzurichten. 

Massnahme M17 «Vorgabe zur kommunalen Energieplanung» (Entwurf § 4 EnG BL): Gemeinden sollen künftig eine eigene Energieplanung erstellen. Das ist wichtig, damit die bestehenden Potenziale an erneuerbaren Energie- und insbesondere Wärmequellen möglichst effizient erschlossen werden können. Kleine Gemeinden können sich mit anderen Gemeinden zusammenschliessen und gemeinsam eine Energieplanung für die betreffende Region erstellen. Um den Gemeinden die Erarbeitung von kommunalen Energieplanungen zu erleichtern, hat der Kanton Wärmeverbundkataster aktualisiert, gemeindespezifische Energiestatistik-Daten[1] publiziert und zahlreiche neue Geodaten zum Bedarf und zum Angebot an Wärme im Kanton erarbeitet. Die Gemeinden können alle diese Grundlagen für die kommunale Energieplanung kostenfrei beim Kanton beziehen.

[1] Öffentlich zugänglich unter https://www.statistik.bl.ch/web_portal/8_4.