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600-jähriges Holzhaus in Muttenz entdeckt
Die Archäologie Baselland ist bei der Untersuchung eines unscheinbaren Häuschens an der Burggasse in Muttenz auf eine kleine Sensation gestossen: Sein gut erhaltener Kern datiert ins Jahr 1418 und ist damit das älteste noch aufrecht stehende Wohnhaus im Kanton Basel-Landschaft. Es schliesst die Lücke zwischen Hausbefunden, die nur noch als Fundamente im Boden überliefert sind, und den ältesten erhaltenen Steinbauten des 16. Jahrhunderts. Das Gebäude soll nun sorgfältig restauriert und unter Schutz gestellt werden.
Das Haus an der Burggasse (Bildmitte). Das Nachbargebäude ist konstruktiv mit ihm verbunden, archäologisch jedoch nicht untersucht (Bild Archäologie Baselland).
Lokale Bautechnik und importiertes Holz
Das kleine, sechs auf sieben Meter messende Haus war ursprünglich ein zweigeschossiger Fachwerkbau. Wie die Jahrringanalyse zeigt, wurde das Holz dafür im Winter 1417/18 geschlagen, mit dem Bau folglich im Frühjahr 1418 begonnen. Damit ist das Gebäude nach heutigem Kenntnisstand der älteste noch erhaltene, nichtadlige Profanbau der Basler Landschaft. Seine Wände bestanden aus Lehmflechtwerk. Das einräumige Erdgeschoss besass in halber Tiefe eine Feuerstelle. Das über eine Innentreppe erreichbare Obergeschoss war mit einer Ständerwand unterteilt. Die Konstruktion mit zwei Hochständern oder ‹Hochstüden›, die vom Erdgeschoss bis zum Dach respektive von der Grundschwelle bis unter den First durchlaufen, ist die Urform unserer Fachwerkhäuser und ein Zeugnis mittelalterlicher Bautradition. Neben Eiche kam an der Burggasse die in den lokalen Wäldern wachsende Vogelkirsche zum Einsatz. Mehrere Bauhölzer zeigen Merkmale eines Wassertransports. Dieses so genannte ‹Flösserholz› wirft Fragen auf zur regionalen Versorgung mit Baumaterialien im späten Mittelalter.
Ein Zeitfenster ins späte Mittelalter
Das Gebäude steht mit seinem Giebel zur Burggasse, jenem mittelalterlichen Strassenzug, der vom Kirchplatz den Hügel hinauf zu den drei Wartenberg-Burgen führte. Auf einer Skizze des Geometers Georg Friedrich Meyer aus der Zeit um 1680 sind entlang dieser Strasse mehrere auffällig schmale, giebelständige Gebäude vermerkt. Noch ist unklar, ob die Bauform etwa mit einem spezifischen Gewerbe zusammenhing, das vorwiegend in dieser alten Gasse angesiedelt war. Vielleicht widerspiegelt sie aber auch schlicht die Bauweise des späten Mittelalters und ist hier bis zu Meyers Zeiten erhalten geblieben, während die Hauptstrasse und das Oberdorf sich weiter entwickelt und verändert haben.
Die heutige Gestalt erhielt das Gebäude um 1603, als man die hölzerne Konstruktion von 1418 mit einer Mauer ummantelte. Die tragenden Balken wurden aber stehen gelassen. Sie bilden bis heute die Raumstrukturen, die Decken und das Dachgeschoss. Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde der Bau nach hinten auf die heutige Länge erweitert.
Forschungslücke wird kleiner
Die gute Erhaltung des Bauwerks erlaubt einen einmaligen Einblick in die bescheidenen Wohn- und Arbeitsverhältnisse vor 600 Jahren. Für die archäologische Forschung wird damit die Kenntnislücke zwischen den bisher lediglich durch Ausgrabungen erfassten ländlichen Hausbefunden des Mittelalters und den ältesten noch stehenden Steingebäuden des Baselbiets aus dem Beginn des 16. Jahrhunderts deutlich verringert.
Kantonaler Denkmalschutz
Die herausragende kulturgeschichtliche Bedeutung hat die Denkmal- und Heimatschutzkommission dazu bewogen, für dieses unscheinbare Häuschen mit Zustimmung des Eigentümers dem Regierungsrat den kantonalen Schutz zu beantragen und es so für zukünftige Generationen zu erhalten. Momentan entwickeln Eigentümer, Architekt und Denkmalpflege zusammen ein Sanierungs- und Umbaukonzept.
Kontakte
Anita Springer
Leitung Bauarchäologie,
Archäologie Baselland
anita.springer@bl.ch
061 552 50 87
Walter Niederberger
stv. Denkmalpfleger
walter.niederberger@bl.ch
061 552 58 10
Reto Marti
Kantonsarchäologe
reto.marti@bl.ch
061 552 64 70

Im Giebel der Südfassade ist die 600-jährige Lehmflechtwand noch perfekt erhalten. Im oberen Bereich ist eine Öffnung für den Rauchabzug zu erkennen (Bild Archäologie Baselland).

Wohl 1603 wurde dieses Fenster mit Eichengewänden in die Giebelwand von 1418 eingelassen (Bild Archäologie Baselland).

Blick in das Dachgeschoss von 1418 und die Giebelmauer von 1603. Die geringe Dachneigung lässt auf eine ursprüngliche Deckung mit Brettschindeln schliessen (Bild Archäologie Baselland).

In der Skizze von G. F. Meyer sind an der Burggasse mehrere auffällig schmale, giebelständige Gebäude eingezeichnet (Bild Staatsarchiv Baselland).