Der Fundort
Die ersten Skelettfunde vom Reinacher Rankhof wurden um 1910 gemeldet. Die bisher umfangreichste Grabung führte Theodor Strübin 1969 während des Baus des Coop-Gebäudes durch, seither kamen in Leitungsgräben weitere vereinzelte Gräber hinzu. Mit dem neu entdeckten Gräberfeld-Ausschnitt zwischen der Neumatt- und der Baslerstrasse sind knapp 40 Bestattungen bekannt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass auch noch etliche weitere im Boden ruhen. Für die aktuellen archäologischen Untersuchungen war mit der Bauherrschaft ein Zeitfenster von 2–3 Monaten abgesprochen. Die Notgrabung, die am 11. November begann, wird in diesen Tagen demnach fristgerecht ohne das Bauvorhaben zu verzögern abgeschlossen.
Die Neufunde
Die neu entdeckten 17 Gräber sind besonders wertvoll, da sie aus dem bisher ältesten Teil des Friedhofs stammen. Zugleich sind es auch die mit den reichsten Beigaben: Lang- und Kurzschwerter, Lanzen, eine sogenannte «Franziska» (fränkische Wurfaxt) und zahlreiche Keramikgefässe zeigen, dass die hier um die Mitte des 6. Jahrhunderts bestatteten Menschen keine Einheimischen waren. Vermutlich handelt es sich um Zugezogene aus dem Oberrheintal.
Der Hintergrund: die Eingliederung ins Frankenreich der Merowinger
Die Neufunde im Rankhof sind wissenschaftlich von grösstem Interesse. Zum einen geben sie einen einzigartigen Einblick in eine ganz entscheidende Phase in der Geschichte des heutigen Ortes. Rinacum ist ein gallorömischer Name, der die Zeiten nur überdauern konnte, weil der Ort seit rund 2000 Jahren, also seit der Römerzeit, kontinuierlich bewohnt blieb. Diese Kontinuität verlief jedoch nicht ohne Brüche. Offensichtlich kamen um 550 n. Chr. Siedler aus dem Oberrheingebiet hinzu, die der Entwicklung der damals nur noch dünnen Besiedlung neuen Schub verliehen.
Seit rund 30 Jahren dokumentiert die Archäologie Baselland die im Untergrund vorzüglich erhaltenen früh- und hochmittelalterlichen Siedlungsspuren im Ortskern in Reinach. In den Siedlungsabfällen zeigt sich zwischen 550 und 600 n. Chr. eine markante kurzfristige Zunahme von ortsfremdem Material. In den neu entdeckten Gräbern werden die damaligen Zuzüger nun erstmals direkt fassbar.
Diese seltene Verbindung von Siedlungs- und Grabfunden in einer ereignisreichen Epoche ist für die archäologische Forschung weit über die Region hinaus von grosser Bedeutung.
Weitere Auskünfte
- Reto Marti, Kantonsarchäologe, 061 552 64 70, reto.marti@bl.ch
- Website der Archäologie Baselland (zum frühmittelalterlichen Dorf)