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Die Medienarbeit der Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft und die Erwartungen der Medien
Strafuntersuchungen finden gemäss Gesetz nicht öffentlich statt. Trotzdem hat die Öffentlichkeit ein berechtigtes Interesse an der Arbeit der Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft. Wie sich dieses Dilemma auflösen lässt und welche Erwartungen vorhanden sind, diskutieren Bojan Stula, ehemaliger stellvertretender Chefredaktor der «bz Zeitung für die Region Basel», und Michael Lutz, Kommunikationsbeauftragter der Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft. Das Gespräch wird von Marilena Baiatu, ebenfalls Kommunikationsbeauftragte der Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft, moderiert.Von Bojan Stula und Michael Lutz
Bojan Stula, was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie den Satz «aufgrund des laufenden Verfahrens können wir keine Angaben machen» hören?
Bojan Stula: Das ist ein Satz, den ich also Journalist natürlich schon oft gehört habe. Der Umgang mit dieser Antwort auf eine Frage braucht etwas journalistische Erfahrung, um ihn richtig einordnen zu können. Die Frage ist, ob es sich um eine hohle Floskel handelt oder ob aufgrund der aktuellen Situation tatsächlich keine Angaben möglich sind. In meiner Zeit als stellvertretender Chefredaktor und Leiter der Redaktion Liestal der «bz Zeitung für die Region Basel» – in dieser Funktion war ich bis ins Jahr 2022 und auf diese Zeit beziehen sich auch meine Antworten – schätzte ich es, dass die Medienstelle der Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft jeweils erklärte, weshalb eine Frage nicht beantwortet werden kann. Dazu gehörte oft auch eine Erklärung dazu, welche Konsequenzen eine verfrühte Beantwortung der Frage nach sich ziehen könnte. In Kombination mit den gesetzlichen Bestimmungen erlauben es derartige Hinweise, dass wir Journalistinnen und Journalisten das Nichtbeantworten einer Frage verstehen können.
Michael Lutz: Ich freue mich, dass die Bemühungen unserer Medienstelle positiv aufgefallen sind, jeweils zu erklären, weshalb gewisse Fragen nicht oder noch nicht beantwortet werden können. Wir sind tatsächlich überzeugt davon, dass Journalistinnen und Journalisten dann viel mehr Verständnis aufbringen können, als wenn man Fragen einfach mit «no comment» beantwortet.
Als ich selber bei der Medienstelle der Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft angefangen habe, warst du Michi ja schon lange im Amt. Mir fiel auf, dass du dich bei der Medienarbeit von einem grossen Servicegedanken leiten lässt. Woher kommt das?
Michael Lutz: Ich sehe die Medienstelle der Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft tatsächlich als einen Dienstleister für Medienschaffende an, das stimmt. Ich glaube, dass der Grund hierfür in meiner Überzeugung liegt, dass freie, nicht manipulierte oder instrumentalisierte Medien ein ganz zentraler Bestandteil eines funktionierenden Rechtsstaates und einer funktionierenden Gesellschaft sind. Daraus abgeleitet verstehe ich dann jeweils auch den Anspruch von Journalistinnen und Journalisten, Informationen zu Straffällen zu erhalten, die sich ja oft auch in der Öffentlichkeit zugetragen haben. Soweit es die engen gesetzlichen Rahmenbedingungen und die konkrete Strafuntersuchung im Einzelfall zulassen, sollten wir Fragen von Journalistinnen und Journalisten auch beantworten. Hinzu kommt, dass auch wir als Strafverfolgungsbehörde oft auf die Hilfe der Medien angewiesen sind. Ich denke da an Fahndungs- oder Zeugenaufrufe, welche von den Medien publiziert werden.
Bojan Stula: Das würde ich gerne auch von der journalistischen Seite her noch etwas ausführen. Ein Lehrmeister von mir hat mir immer erklärt, dass jeder Satz, der geschrieben wird, idealerweise zusätzliche Informationen enthält. Das ist eine ganze Menge an Informationen, wenn man sich einen Artikel mit vielleicht fünfzig oder sechzig Sätzen vorstellt. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass ich als Journalist an jedem Detail interessiert bin, das ich in meine Berichterstattung einbauen kann. Und idealerweise haben andere Medien diese Informationen noch nicht verwendet. Aber das ist so ein «Journalisten-Ding», das mit der Jagd nach dem Primeur. Das prägt natürlich auch etwas unseren Beruf, dass man dauernd auf der Suche nach – möglichst exklusiven – Informationen ist. Nehmen wir als Beispiel den Fall, dass die Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft eine Medienmitteilung verschickt. Die darin enthaltenen Informationen sind die Basis, über die nun alle Medien gleichermassen verfügen. Dann ist es das Ziel der Medienschaffenden, möglichst zusätzliche Informationen in Erfahrung zu bringen, und dann ruft man zuerst bei der Medienstelle an.
Michael Lutz: Und das oft auch dann, wenn bereits in der Medienmitteilung steht, dass weitere Informationen derzeit nicht verfügbar sind.
Bojan Stula: Ja, das kommt auch in solchen Situationen vor. Die Absicht ist, dass der oder die Mediensprecherin mir zumindest Hinweise oder nicht zitierbare Informationen geben kann, die mich in der Recherche weiterbringen.
In diesem Zusammenhang möchte ich noch ein anderes Thema ansprechen: Wir Journalistinnen und Journalisten schätzen es, wenn wir mit direkt beteiligten Personen, also beispielsweise mit der Staatsanwältin oder dem Staatsanwalt, sprechen können, ohne dass eine Medienstelle dazwischengeschaltet ist. Als ich vor fünfzehn Jahren in der Regionalredaktion angefangen habe, hatte ich die direkten Telefonnummern von Regierungsrätinnen und Regierungsräten auf meinem Handy gespeichert. Ich konnte einfach anrufen und meine Fragen direkt stellen. Das ist heute leider fast undenkbar geworden. Vielleicht tun Journalistinnen und Journalisten den Medienstellen an dieser Stelle auch etwas unrecht, aber unser erster Gedanke ist natürlich immer, dass eine Medienstelle eine Art Filter ist, der uns sowohl von interessanten Informationen als auch von den Leuten an der Front fernhält.
Michael Lutz: Auch wir von der Medienstelle der Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft wissen natürlich um dieses Anliegen der Medienschaffenden. Und natürlich bieten wir hierfür auch Hand, wenn dies aus unserer Sicht sinnvoll und möglich ist. Gerade bei Sachthemen ermöglichen wir immer wieder Gespräche oder auch Interviews mit Fachpersonen der Staatsanwaltschaft. Was die Einschätzung zur Rolle der Medienstelle angeht, so bemühen wir uns tatsächlich, eingehende Fragen umfassend zu beantworten, soweit dies gesetzlich und mit Blick auf das laufende Strafverfahren möglich ist. Klar ist aber auch, dass wir die Arbeit unserer Mitarbeitenden insofern schützen wollen, als dass die Strafuntersuchung nicht durch vorschnelle Kommunikationsmassnahmen beschädigt oder gar behindert wird. Und schliesslich stellt sich zum Umstand, dass immer mehr Behörden eine eigene Medienstelle unterhalten, natürlich die Frage nach dem Huhn und dem Ei: Was war zuerst da? Medien, welche die Unbedarftheit von an der Front tätigen Mitarbeitenden von Behörden zu Gunsten von reisserischen Artikeln ausnutzten oder die Behörden, die ihre Interessen gefährdet sahen und deshalb den seit jeher professionell agierenden Journalistinnen und Journalisten auch Profis als Ansprechpersonen gegenüberstellen wollen? Ich persönlich glaube, dass diese Tendenz hin zu eigenen Medienstellen gerade bei Behörden viel damit zu tun hat, sich vor subjektiv unangebrachten Medienberichterstattungen zu schützen. Ob das eine sinnvolle Ausgangslage darstellt, kann ich nicht beurteilen. Bei der Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft möchten wir den Journalistinnen und Journalisten mit unserer Medienstelle einen «single point of contact» anbieten, wo eingehende Fragen rasch und professionell beantwortet werden – dies natürlich immer im Rahmen der Möglichkeiten.
Lassen Sie uns noch über ein anderes Thema sprechen. Wir erhalten bei der Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft immer wieder Anfragen zu statistischen Angaben, die wir manchmal relativ einfach, in anderen Fällen aber auch gar nicht beantworten können. Welche Erwartungen haben die Medien diesbezüglich?
Bojan Stula: Auch diesbezüglich geht es darum, wieder zusätzliches Informationsmaterial zur Verfügung zu haben, welches einen Artikel bereichern oder auch Thesen bestätigen kann. Zudem ermöglichen es gerade solche Informationen, Ereignisse oder Fakten korrekt einzuordnen. Dabei ist es uns Journalistinnen und Journalisten natürlich auch klar, dass die Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft nicht zu jedem Thema eine passende Statistik hervornehmen kann. Aber dann sage ich mir als Journalist ganz einfach: Fragen kostet nichts.
Michael Lutz: Ich habe absolut Verständnis dafür, dass gerade statistische Angaben zu gewissen Fragestellungen eine korrekte Einordnung zulassen und Medienschaffende so mit entsprechenden Fragen an uns gelangen. Seitens der Medienstelle bemühen wir uns dann auch, die zu Grunde liegenden Daten zusammenzutragen und die Fragen mehr oder weniger genau zu beantworten. Wir haben bei uns verschiedene Personen, die sich ganz hervorragend mit unserer Geschäftskontrolle auskennen und es oft auch über Umwege schaffen, zumindest annähernd exakte Daten aus dem System zu ziehen. Auf der anderen Seite gibt es Anfragen, die wir schlicht und ergreifend nicht beantworten können. Ich erinnere mich da an eine konkrete Anfrage einer Journalistin, die wissen wollte, wie viele Gewaltdelikte in einem bestimmten Zeitraum mit einem homophoben Motiv begangen wurden. Diese inhaltlich zwar hochspannende und aus journalistischer Sicht absolut nachvollziehbare Frage konnten wir dann nicht beantworten, weil wir dafür die Akten jedes einzelnen Gewaltdelikts manuell hätten durchforsten und auswerten müssen. Leider mussten wir der Journalistin einen abschlägigen Bescheid geben.
Zum Abschluss interessiert mich, welche Erwartungen Sie als Journalist an eine Behörde wie die Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft haben?
Bojan Stula: Meine grundlegenden Erwartungen habe ich ja bereits dargelegt. Es geht darum, zu einer konkreten Anfrage so viele und – wenn immer möglich exklusive – Informationen zu erhalten, wie es möglich ist. Wie gesagt: Jedes zusätzliche Detail ist wichtig. Darüber hinaus bereichern Zitate journalistische Artikel jeweils sehr. Das direkte Zitat, das man einer konkreten Person zuordnen kann, verleiht einem Text automatisch mehr Glaubwürdigkeit. Ein wichtiger Aspekt, über den wir bislang noch nicht gesprochen haben, ist der Zugang zu Hintergrundinformationen. Wenn ich als Journalist gewisse Zusammenhänge nicht sehe oder nicht verstehe, dann können Hintergrundinformationen unglaublich hilfreich sein, um einen qualitativ guten und inhaltlich korrekten Artikel verfassen zu können. Gerade die juristische Welt ist unglaublich komplex und die meisten Journalistinnen und Journalisten haben keine juristische Ausbildung. Dabei ist uns Journalistinnen und Journalisten natürlich klar, dass solche «Off-the-record»-Informationen lediglich zur internen Einordnung und zum persönlichen Verständnis dienen, so aber nicht im Artikel zitiert werden können.
Welches sind die Erwartungen der Medienstelle der Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft an die Medienschaffenden?
Michael Lutz: Vielleicht noch kurz zu dem, was Bojan Stula ausgeführt hat: Ich denke, dass ein gewisser Dissens bestehen bleibt, welcher sich aus den unterschiedlichen Rollen einer Journalistin und eines Mediensprechers ergibt. Wenn wir uns aber darauf einigen können, dass wir seitens der Medienstelle diejenigen Informationen bekanntgeben, welche mit Rücksicht auf die gesetzlichen Bestimmungen und der laufenden Strafuntersuchung im Einzelfall möglich sind, dann besteht aus meiner Sicht eine tragfähige Basis.
Doch nun zurück zur eigentlichen Frage. Ich erwarte einerseits, dass die ganz banalen Dinge korrekt ablaufen, zum Beispiel, dass Zitate korrekt wiedergegeben werden etc. also quasi das kleine Einmaleins des Journalismus. Besonders am Herzen liegt mir aber, dass sich Journalistinnen und Journalisten fundiert mit dem Thema auseinandersetzen, über das sie schreiben wollen. Denn nur dann lassen sich beispielsweise erhaltene Aussagen oder auch Ereignisse korrekt einordnen, so dass sich die Konsumentinnen und Konsumenten ein vollständiges und ausgewogenes Bild des Geschehenen machen können. Zuschauerinnen, Leser oder Zuhörerinnen müssen einerseits erfahren, was geschehen ist. Sie sollen aber auch die Chance bekommen, das Gesehene, Gelesene oder Gehörte korrekt einzuordnen.
Vielen Dank, Bojan Stula und Michael Lutz, für das spannende Gespräch.