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«Ich sehe viele Chancen und Potenziale bei den Mitarbeitenden»
Bl digital+
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BL digital+: Nach der Konzeptphase geht das Projekt zur Stärkung der digitalen Transformation der kantonalen Verwaltung BL unter neuem Namen in die Umsetzung. Die beiden Co-Projektleiter Olivier Kungler und Thomas Berger sprechen im Interview über diesen verwaltungsweiten Wandel.
Olivier Kungler, Thomas Berger, um was geht es bei der digitalen Transformation?
Oliver Kungler: Die digitale Transformation ist stark durch die technischen Möglichkeiten getrieben. Ein grosser Teil der Öffentlichkeit erwartet, dass der Kanton digital gut aufgestellt ist und seine Dienstleistungen möglichst einfach und sicher online anbietet. Für den Regierungsrat und übrigens auch die Geschäftsleitung der Gerichte ist es wichtig, neben digitalen Tools die kantonale Verwaltung, die Behörden und Gerichte in ihren digitalen Fähigkeiten und Ressourcen zu stärken. Digitale Transformation bezieht neben dem reinen Prozess die Organisationsentwicklung und den Menschen mit ein. Das Ziel ist, dass wir mit dem technologischen Wandel nicht bloss Schritt halten, sondern diesen aktiv mitgestalten.
Thomas Berger: Ich finde es positiv, dass die Regierung die digitale Transformation aktiv gestalten will und nicht nur in einzelne Projekte zur Digitalisierung, sondern in die Transformation der Organisation investiert. Das Projekt ist deshalb verwaltungsweit organisiert. Wir haben bewusst sowohl das Gesamtprojekt als auch die Teilprojekte jeweils mit einer Co-Leitung besetzt, damit alle Direktionen und die Landeskanzlei involviert sind.
Schon das Umsetzungsprogramm «Digitale Verwaltung 2022» zielte auf eine digitale Transformation der Verwaltung. Warum braucht es das Folgeprojekt zur «Stärkung der digitalen Transformation»?
Berger: Im Jahr 2018 hat der Regierungsrat eine Digitalisierungsstrategie formuliert und ein Umsetzungsprogramm «Digitale Verwaltung 2022» definiert. Der Evaluationsbericht hat gezeigt, dass das Programm bei kleinen Projekten gut funktioniert hat, oft mit externer Unterstützung. Was in den vier Jahren nicht umgesetzt wurde, waren insbesondere komplexe Projekte. Die Ursachen waren fehlende Fähigkeiten und Personalressourcen. Beim neuen Projekt gehen wir gezielt die Stärkung der Organisation an. Wir haben vier Teilprojekte: Bei den ersten beiden, «Digitales Transformationsmodell» und «Digitalisierungs-Roadmap und Projektportfolio», geht es grob gesagt um die harten Fakten und Strukturen für die digitale Transformation. Ob diese aber langfristig ein Erfolg ist, hängt von den beiden anderen ab, der «Personal- und Organisationsentwicklung» und der «Kommunikation», die die notwendige Organisations- und Kulturentwicklung im Fokus haben.
Kungler: Es ist doch interessant zu sehen, dass das Umsetzungsprogramm bei den komplexen Themen nicht am fehlenden Geld gescheitert ist, sondern weil gewisse benötigte Fähigkeiten nicht ausreichend vorhanden waren. Wir brauchen wie alle privaten und öffentliche Unternehmen auch digitales Know-how, das wir heute nicht haben, um die Projekte in den Dienststellen voranzutreiben.
Bedeutet das, dass die Verwaltung gezielt neue Mitarbeitende rekrutiert?
Kungler: Ja, es werden neue Funktionen und Stellen geschaffen. Ab Sommer gibt es neu ein in der Finanz- und Kirchendirektion angesiedeltes Amt für digitale Transformation. Zudem erhalten alle Direktionen, die Landeskanzlei und die Gerichte eine/n Digital Transformation Manager/in sowie zusätzliche Ressourcen für den Aufbau einer Organisationsentwicklung. Der Startschuss für die Rekrutierung erfolgt Ende März 2023. Ab 2024 sind weitere Ressourcen zur direkten Unterstützung von Digitalisierungsprojekten geplant.
Die digitale Transformation bedeutet einen Organisations- und Kulturwandel in der Verwaltung. Sie geht demnach viele, wenn nicht alle Mitarbeitenden etwas an. Welche Fähigkeiten müssen diese ab jetzt mitbringen oder entwickeln?
Kungler: Genau. Die Prozesse und Instrumente sind die klassischen 20 Prozent des Eisbergs, die über dem Wasser liegen. Die anderen 80 Prozent haben mit der digitalen Mentalität der Menschen zu tun und entscheiden über den langfristigen Erfolg. Zu dieser Mentalität zählen wir Eigenschaften wie Offenheit und Agilität, unternehmerische Handlungsorientierung, Kreativität, Kundenorientierung, Kritikfähigkeit und auch einen offenen Umgang mit Scheitern. Das sind Fähigkeiten, die wir schon heute bei vielen Mitarbeitenden in der Verwaltung antreffen. Ausserdem braucht es auch nicht in jeder Rolle und Funktion die genau gleiche Ausprägung der Mentalität und – das ist wichtig: Wir können und wollen solche Eigenschaften weiterentwickeln.
Berger: Ich betone auch gerne, dass die digitale Transformation den Kanton als Arbeitgeber zusätzlich attraktiv macht. Die Mitarbeitenden und Teams erhalten mehr Gestaltungsspielraum, moderne Arbeitsformen werden gefördert.
Ich kann mir trotzdem vorstellen, dass diese Transformation, die bereits im Gange ist, einige Mitarbeitende verunsichert. Was sagen Sie diesen?
Kungler: Ich betone gerne zwei Punkte: Erstens liegt das Know-how über Geschäftsprozesse in der Linie selbst und bleibt dort. Sie sind die Expertinnen und Experten. Neu sollen sie Unterstützung aus der IT und der Organisationsentwicklung erhalten, um gemeinsam diese Geschäftsprozesse möglichst medienbruchfrei, kundenfreundlich schlank und schnell zu gestalten.
Zweitens gehen wir davon aus, dass das Potenzial, die eigenen Leute zu befähigen, gross ist. Ich selbst bin auch kein Profi in Sachen Digitalisierung. Aber ich muss als Führungsperson die digitalen Herausforderungen erkennen und wissen, wie wir Mitarbeitende unterstützen können. Wenn wir die (digitalen) Herausforderungen in unserem Geschäftsbereich erkennen und unsere Mitarbeitenden befähigen, kommen wir weit.
Berger: Es ist die Arbeitswelt generell, die sich ändert. Ich denke, es wird immer weniger Routinearbeiten geben, mehr projektbezogene Aufgaben mit mehr Eigenverantwortung.
Der Kanton ist ein verantwortungsvoller Arbeitgeber. Das ist eine Chance für die Mitarbeitenden. Sie erhalten hier die Möglichkeit, sich zu entwickeln. Das ist interessant. Sie müssen einfach den Mut haben, mitzumachen. Und die Vorgesetzten sind gefordert, ihren Führungsstil entsprechend anzupassen.
Im Projekt «Stärkung der digitalen Transformation» ist nun die Konzeptphase abgeschlossen. Wie geht es weiter?
Berger: Nach neun Monaten und mehreren hundert Seiten Papier schliessen wir die Konzeptphase ab. Hier beginnt schon der Kulturwandel: Für einige ist das Konzept noch zu wenig weit, für andere schon zu genau festgelegt. Wir von der Projektleitung wollen die neuen Digital Transformation Manager/innen involvieren und nicht mit einem finalisierten Konzept konfrontieren. Ausserdem wollen wir jetzt mit der Realisierung starten, uns auf den Prozess einlassen, schrittweise vorgehen, laufend evaluieren und so der Entwicklung vertrauen.
Kungler: Das Projekt ist Stand heute Mitte 2024 abgeschlossen. Bis dahin schaffen wir Grundlagen in der Organisation, definieren die Prozesse und Verantwortlichkeiten und haben erste Personalentwicklungsmassnahmen durchgeführt und verwaltungsweite digitale Communities aufgebaut. Dann fangen wir mit der Arbeit an, machen sicher auch Fehler, lernen daraus und justieren Organisation und Prozesse neu. Das braucht seine Zeit. Bis sich alles eingespielt hat, rechnen wir mit zehn Jahren. Es ist darum wichtig zu betonen, dass das Projektende erst der Startpunkt ist, um den Weg der digitalen Transformation weiterzugehen. Unser Umfeld verändert sich immer und vielleicht kommt in ein paar Jahren schon eine andere Art der Transformation. Mit einer Mentalität, die auf Veränderung eingestellt ist, werden wir auch diese erfolgreich meistern.

Olivier Kungler, Thomas Berger (Foto: Mimmo Muscio)

Die gut sichtbaren 20 Prozent der digitalen Transformation sind die digitalen Technologien. Wie bei einem Eisberg sind aber 80 Prozent unter der Oberfläche: die Transformation in der Organisation, in der Arbeitskultur und in der Mentalität der Mitarbeitenden und Vorgesetzten. Zusammen ermöglicht dies den erfolgreichen Wandel. (Foto: Hubert Neufeld Unsplash)