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Meine Wahl: Besuch bei Jan Ritzel
Untersuchungsbeauftragter, Hauptabteilung Besondere Delikte, SID, 11. März 2025Besuch bei Jan Ritzel, Untersuchungsbeauftragter, Hauptabteilung Besondere Delikte, SID, 11. März 2025
Warum haben Sie sich für dieses Werk entschieden?
Jan Ritzel: Als ich zu Ihnen ins Depot kam, fiel mir die «Vogelmaske» von Anna Diehl sofort auf, sie hing hoch oben an einem Gitter. Ich wusste in diesem Moment, dass ich genau dieses Kunstwerk für mein Büro auswählen möchte. Sie haben mir auch schöne Landschaftsbilder präsentiert – diese kamen für mich aber nicht in Frage.
Die kräftige blaue Leinwand des Gemäldes «Vogelmaske» gefiel mir von Anfang an gut, sie bringt Farbe in mein doch eher schattiges Büro.
Das Gemälde weckt bei mir vielschichtige Assoziationen. Es erinnert mich an eine Comicfigur, ähnlich wie «Phantomias» aus den Geschichten von Donald Duck. In diesen schlüpft Donald Duck selber in die Rolle des maskierten Superhelden, um Gutes zu tun und Verbrechen zu bekämpfen. Doch niemand ahnt, dass hinter der Maske in Wirklichkeit Donald steckt. Auch Globi kommt mir in den Sinn.
Seit meiner Kindheit begleiten mich Comics. Ich hatte schon immer eine grosse Vorliebe für gezeichnete Geschichten und Cartoons und bin ein grosser Fan der Comic-Reihe «Lustiges Taschenbuch», kurz LTB genannt. Zuhause besitze ich über 100 Bände!
Was bedeutet Ihnen dieses Werk in Ihrem Arbeitsalltag?
Unsere Abteilung befasst sich mit sogenannten «Besonderen Delikten», dazu gehören Cybercrime, Betäubungsmittelfälle oder organisierte Kriminalität. In mein Büro kommen regelmässig Menschen, die sich in einer Ausnahmesituation befinden. Meist geht es um düstere Ereignisse, wie zum Beispiel Akteneinsichten bei Todesfällen oder Einvernahmen im Zusammenhang mit Vergehen und Verbrechen. Manchmal kommen auch Polizistinnen und Polizisten vorbei.Die «Vogelmaske» ist dabei oft ein Gesprächsanlass, ein Türöffner. Die meisten Menschen lerne ich in einer heiklen persönlichen Situation kennen. Es entsteht eine Art «konstruierte» menschliche Nähe, obwohl wir vorher keine emotionale Bindung zueinander hatten. In solchen Momenten braucht es ein feines Gespür und viel Fingerspitzengefühl. Manchmal bitte ich die Besucher, sich das Bild anzuschauen. Oft entsteht daraus ein kurzer Moment des Innehaltens. So kann das Gemälde manchmal wie ein Fenster zurück in den Alltag wirken – selbst in einer vermeintlich ausweglosen Situation.
Gibt es Reaktionen von Personen?
Das Gemälde spricht die meisten Menschen positiv an. Manche äussern sich zur comicartigen Darstellung, andere finden das Kunstwerk einfach nur witzig. Es gibt jedoch auch Reaktionen, die das «Düstere» sehen, das sich für mich ebenfalls hinter der Maske verbirgt. Meine berufliche Aufgabe besteht darin, den «Blick hinter die Maske des Verbrechens» zu richten und so das Abgründige, das Dunkle, die Grauzone zwischen Legalität und Kriminalität aufzudecken.
In welchen Momenten hat Sie dieses Werk in Ihrer Arbeit schon beeinflusst?
Von Beeinflussung würde ich nicht sprechen, sondern eher von einem stabilen Pfeiler, der mich bei meiner Arbeit stützt. Die «Vogelmaske» zeigt, dass es manchmal nur wenige Striche und skizzenhafte Formen braucht, um komplexe Dinge zu erklären. Ich selber muss im Bild keine grosse Inspiration finden, sondern suche eher nach einer einfachen Anregung.
Für mich persönlich hat das Gemälde auch einen Bezug zu den Erfahrungen aus meiner eigenen Kindheit. Unsere Familie zog oft um und ich wuchs in Tschechien, dem Iran, Deutschland, Schweden und der Schweiz auf. Inmitten dieser ständigen Veränderungen boten Comics, insbesondere die Serie der LTB, immer eine Konstante. Sie vermittelten mir Stabilität und eine gewisse Heimat, unabhängig davon, in welchem Land wir uns gerade befanden. Figuren wie Donald und «Phantomias» waren immer «für mich da». Das Gemälde von Anna Diehl stellt so auch eine Verbindung zu meiner eigenen Biografie her. Die Malerin skizziert mit wenigen Strichen eine Maske und lässt dabei Raum für eigene Assoziationen. Die «Vogelmaske» veranschaulicht auf einzigartige Weise die Essenz meiner täglichen Arbeit und darüber freue ich mich.
Interview und Fotos: Dina Epelbaum, Kuratorin Sammlung Kunstkredit Baselland, Liestal
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