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Villa Visscher van Gaasbeek, Bildstöckliweg 5
Kurz nach der Jahrhundertwende, am 15. September 1902, reicht Architekt Gustav Adolf Visscher van Gaasbeek ein Gesuch für den Bau eines "Wohnhauses mit harter Bedachung" bei der Basellandschaftlichen Baudirektion ein. Das projektierte Einfamilienhaus soll das eigene Landhaus für den Architekten und seine Familie werden. Entsprechend anspruchsvoll und persönlich gefärbt ist das Konzept.
Das neue Wohnhaus kommt an sonniger Lage am Dorfausgang von Arlesheim zu stehen, in einem Quartier, wo in den folgenden Jahrzehnten eine lockere Bebauung von Landhäusern stattfindet.
Visscher van Gaasbeek schafft mit seinem Landhaus einen Prototypen der sogenannte englischen Landhausbewegung. Diese greift auf das Gedankengut der Arts and Crafts - Bewegung zurück, die sich als Gegenbewegung zu den damals als formal fragwürdig kritisierten Industrieerzeugnissen formierte. Eine der massgeblichen Forderungen der englischen Landhausbewegung ist die Abkehr von der Fassadenarchitektur zugunsten einer auf menschliche Bedürfnisse ausgerichteten Architektur. Formal und konstruktiv sollte sich die moderne Architektur an den lokalen, ländlichen Traditionen orientieren.
Diese Forderungen erfüllt Visscher van Gaasbeek beispielhaft: Die Fassaden widerspiegeln die traditionelle Fachwerkbauweise, ergänzt mit Zitaten aus dem Steinbau, wie an den bossierten Eckquadern abzulesen ist. Der Grundriss und die Raumausstattung ist individuell und aussergewöhnlich. Ebenso greift das Farbkonzept mit Rotbraun für das Fachwerk, Blaugrau für die Dachuntersichten und Kalkweiss für die Fassadenflächen auf das spezifische Farbklima der Region Basel zurück.
Das mehrgeschossige, hoch aufragende Haus wird auf der Nordseite dominiert durch einen Treppenrundturm mit mehrteiligem Dachkegel. Der in Mischbauweise, in den Obergeschossen mit Sichtriegel ausgeführte eigentliche Wohnbau ist mit einem steilen, weit auskragenden Walmdach mit Schleppgauben abgedeckt. Eine umlaufende Laube mit geschlossener Holzbrüstung gliedert die Fassaden auf der Nord-, Süd- und Westseite. Die Laube lud ein zum Weitblick ins freie Land, was damals sehr geschätzt wurde. Die kurze Zeit später ausgeführte, gedeckte Veranda mit Dachterrasse verstärkt das Erscheinungsbild eines verwinkelten Baukörpers. Das Landhaus erhält einen beinahe wehrhaften Charakter. Als Zitate der ländlichen Architekturtradition sind die vorgeblendeten Gefache mit Andreaskreuz erwähnt, welche das Doppelfenster auf der Ostseite zieren.
Im Innern werden die Stockwerke über die Wendeltreppe des Treppenturms erschlossen. Die Räume sind hoch, die Türgewände sind in der Formensprache des Jugendstils ausgebildet. Erhöhte Bedeutung erhält die Wohnstube im 1. Obergeschoss, in welche der Architekt Visscher-van Gaasbeek aus einem mittelalterlichen Abbruchobjekt in Basel eine spätgotische Fenstersäule einbaute. Richtigerweise lässt er einen Überfangbogen über dem Doppelfenster errichten, so dass die mittelalterliche Konstruktion vervollständigt wird.
Der Architekt Gustav Adolf Visscher van Gaasbeek (1859 - 1911) arbeitete eng mit dem Basler Architekten Rudolf Linder. Als leitender Architekt führte Visscher van Gaasbeek die Basler Baugesellschaft und realisierte in Basel verschiedene herrschaftliche Villen im Paulusquartier, Geschäftshäuser, das Zunfthaus zur Safran in der Gerbergasse sowie das heute abgebrochene Haus Sodeck an der Freien Strasse.
Das Wohnhaus Bildstöckliweg 5 hat als repräsentativer Vertreter der englischen Landhausbewegung eine hohe, architekturgeschichtliche Bedeutung. Nur vereinzelt haben sich in der Region Basel Landhäuser dieses Baustiles so weitgehend unverändert erhalten. So zum Beispiel die Villa Tschäck in Riehen, welche zusammen mit dem Wohnhaus Bildstöckliweg 5 in ihrer Art einzigartig sind. Der Bau zeugt von der grossen Originalität des in Java geborenen, niederländischen Architekten, der hier auf eigenwillige Weise die unterschiedlichsten Stilzitate vereinigte.
Kantonal geschützt seit 1999.