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Ev.-ref. Kirche, Stollenrain 18
Die reformierte Kirche von Arlesheim liegt in einem parkähnlichen Villenquartier hinter dem Pfarrhaus und dem Kirchgemeindehaus. Sie entstand anstelle einer neugotischen Kapelle, die im 19. Jahrhundert von der Familie Alioth gestiftet worden war. Nachdem sie zu Beginn des 20. Jahrhundert zu klein geworden war, schrieb die Gemeinde einen Wettbewerb aus. Gewinner waren die Architekten E. la Roche & Stähelin, deren Projekt im Jahre 1912 ausgeführt wurde.
Die Kirche besteht aus einem grossen Schiff mit geschlossener Eingangshalle im Norden, Flankenturm im Westen und eingezogenem Chor im Süden. Der als Teil der Fassade die Kirche überragende Turm nimmt in seiner Stellung auf mittelalterliche Kirchen Bezug. Während sein geschlossener Schaft und die rundbogigen Schallöffnungen mit den neuromanischen Kapitellen den romanischen Glockentürmen nahesteht, greift sein glockenförmiger Helm mit Dachreiter, Zifferblättern und Wasserspeiern auf Elemente des heimischen Spätbarocks zurück. Ein ähnliches Stilverhältnis bestimmt das Schiff mit den hohen Rundbogenfenstern und dem an die Frühgotik erinnernden Drillingsfenster im Giebel. Das auffallend geschweifte Krüppelwalmdach erinnert weniger an den repräsentativen Barock als an den Berner Bauernhaustyp. Die unter der Traufe ansetzende Hohlkehle leitet vom aufgehenden Mauerwerk zum vorstehenden Dach über. Die niedere Vorhalle setzt den Hauptbau zurück und ist zugleich ein Teil des von einer Mauer umzogenen Vorplatzes, seitlich flankiert von Eckpavillon und Ecktürmchen unter dem Turm. Ein Auftakt, eine Beschränkung der üblichen Monumentalität des Kirchenbaus. Die breiten Oeffnungen des Eingangs und der flankierenden Fenster zeigen Fensterrahmen im Jugendstil.
Das Innere ist in Vorhalle und Schiff unterteilt, wobei als beherrschendes Element die Orgel im Chorrund hervortritt. Die gehäuslose Orgel ist so angelegt, dass der ganze Chor als Gehäuse dienen sollte. Davor schliesst eine neuromanische Chorschranke mit neuromanischem Altar und neuromanischer Kanzel den Chor vom Schiff ab. Das Schiff selbst besticht durch seine Weiträumigkeit, seine hohen Fenster und seinen offenen Dachstuhl, dessen Holzkonstruktion durch bemalte Schnitzereien einen Hauptakzent setzt. Fein abgetönte Dekorationsmalereien begleiten auch die Fenster und Bogen der Architektur. Zwischen den Fenstern sind kostbare Wandleuchter in Jugendstilformen angebracht. Der hintere Schiffsteil wird durch die Emporenkonstruktion abgetrennt, deren Brüstung wiederum Jugendstilelemente zeigt.
Die reformierte Kirche von Arlesheim ist die einzige Kirche unseres Kantons, die als typisches Beispiel der Zeit des schweizerischen Jugendstils gelten darf. Im Gegensatz zum Jugendstil der internationalen Strömung bleibt der Jugendstil in der Schweiz in der Architektur auf sekundäre Elemente beschränkt und wird durch einen Trend zur Rückbesinnung auf die schweizerische Architektur bestimmt. Nach dem Stilpluralismus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzt sich im Verein mit der Jugendstilströmung ein patriotischer Stil durch, ein historisierendes Denken, in Baselland in der Malerei vertreten durch den Schlachtenmaler Jauslin, prägt die Architektur und fördert die Aufnahme und das Erkennen der nationalen Tradition des Kirchenbaus. Ein letztes, sich klärendes Architekturdenken, durchsetzt von einheimischen Elementen vergangener Jahrhunderte, wagt noch einmal, kurz vor dem 1. Weltkrieg, den Versuch, eine national gefärbte Architektur zu schaffen. In der Bemühung darum, den Stilpluralismus zu überwinden und ihn national zu verankern entsteht ein neues Verhältnis zu den Stilen, ein neues Verhältnis zu den Architekturgattungen, deren Resultat die Kirche von Arlesheim ist, bürgerliche Einfachheit und Wohlhabenheit.
Individualität der Raumgestaltung und patriotisches Vorbild bestimmen denn auch das Aeussere und Innere dieser Kirche, deren malerische Silhouette einer bewussten Heimatromantik entsprach. Der Anpassung an das nationale Bewusstsein in der Stilwahl folgte jene an den Charakter der Umgebung, was der Arlesheimer Kirche in einem Villenquartier zu jener Anpassung besonderer Art verhalf. Als Spätwerk des in Ziefen geborenen und in der Schweiz und im Ausland tätigen Architekten La Roche kennzeichnet sie im Schaffen dieses Architekten die Ueberwindung des Neubarocks und das Aufkeimen des neuen, vom Jugendstil eingeleiteten romantischen Historizismus.
Weiterführende Informationen finden sich im Kunstführer der GSK zur Reformierten Kirche Arlesheim.
Kantonal geschützt seit 1970.