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Baselstrasse 6
Kurz nach der Jahrhundertwende hat die Gemeinde Grellingen das Architekturbüro Renk & Vuilleumier aus Tavannes mit dem Schulhaus-Neubau beauftragt. Der im Staatsarchiv aufbewahrte Entwurf aus dem Jahre 1908 sieht ein viergeschossiges Gebäude mit einer aufwendigen und mehrteiligen Dachlandschaft vor. Zum Selbstverständnis der damaligen modernen Architektur gehört ein reicher Bauschmuck im Innern und Äussern, welchen der Architekt Vuilleumier mit grosser Bravour an dieser "Stätte der Jugend" anbringen liess. Damit kommt auch der Stolz der Gemeinde zum Ausdruck, ein repräsentatives und unübersehbares Schulhaus am östlichen Dorfeingang von Grellingen zu besitzen.
Nachdem die Aussenhülle des Schulhauses ohne Wertschätzung des Vorhandenen mehrmals saniert wurde, beschloss die Gemeinde im Jahr 1998, die Fassaden mit ihrer originalen Gliederung soweit wie möglich wieder herzustellen. Dank einer ausreichenden Dokumentation zum Objekt und dank der sorgfältigen Untersuchungen an den Fassaden ist es gelungen, die Fassaden und damit das Erscheinungsbild des Schulhauses weitgehend wieder zu rekonstruieren.
Der viergeschossige Hauptbau, an erhöhter Lage am linken Birsufer, weist einen längsrechteckigen Grundriss auf. Die Fassade ist auf der Nordseite, der eigentlichen Hauptzugangsseite, durch einen stark hervortretenden Mittelrisalit zusätzlich betont.
Das Walmdach ist gegliedert mit Dachaufbauten, die mit Holzschindeln verkleidet sind. Der vorspringende Mittelrisalit zeigt ein steiles Walmdach mit eleganten Turmaufbauten. Diese in die Vertikale gesteigerte Dachlandschaft in hellem Ziegelrot verleiht dem Bau Schlosscharakter.
Die Fensteröffnungen sind vertikal gefasst und werden unterschiedlich gestaltet, mit horizontalen Ornamentbändern und segmentbogenförmigen Fensterabschlüssen, letztere gebildet mit gelben und roten Sichtbacksteinen, deren Fugen mit grauem Mörtel geschlossen sind. Die Ornamentbänder hat der Dekorationsmaler in der Technik der Schablonenmalerei in warmen Herbstfarben angebracht. Mit den stilisierten Motiven von Haselnuss und Platane sind einheimische Sträucher und Bäume künstlerisch übernommen worden.
Während das Sockelgeschoss bossierte Hausteine aus Laufener Kalkstein zeigt, sind die übrigen Fassadenflächen mit einer gelblichen Zement-Kalk-Mischung verputzt. Im Parterre dominiert der rund zwei Meter hohe Hausteinsockel, der im Mittelrisalit in das Eingangsportal mit Türgewände, Rundbogen und Überdachung übergeht.
Zitate aus der Renaissance und aus dem Barock werden in gekonnter Manier zusammengestellt und schmücken den Dachabschluss des Mittelrisaliten: Geschweifte Konsolen tragen ein vorkragendes Gesims, welches wiederum bekrönt wird durch zwei Kugelaufbauten. Ein oval stehendes Fensterauge setzt den Schlussakzent. Auf der Südfassade wurde hingegen im Dachgeschoss ein oval liegendes Fenster mit Lorbeerblättern und Voluten aus Jurakalkstein eingebaut. Die Farbigkeit des Schulhausgebäudes ist bestimmt durch die verwendeten Baumaterialien aus der Umgebung: Das Ockergelb des Laufener Kalksteins, das Hellrot der Ziegel aus Laufen und das Senfgelb und Ziegelrot der Sichtbacksteine.
Betreten wird das Schulhaus durch das Hauptportal auf der Baselstrasse, das überdacht wird von einem schwungvollen Vordach mit aufwendig geschnitzten Bügen. Schwere Eichentüren führen in einen Vorraum, in dem der originale Waschbrunnen aus Naturstein steht. Der Seiteneingang auf der Westseite, ebenfalls mit schweren originalen Eichentüren geschlossen, wird durch ein steiles Dach, abgestützt auf zwei Säulen, überdacht. Dieser Zugang führt direkt zur Turnhalle mit einem Holzparkettboden.
Ebenso reich an Formen und Material sind die Schulräume, das Lehrerzimmer, die Treppen- und Gangzone und die Turnhalle im Innern ausgestattet:
Die Treppenanlage auf der Nordseite besteht aus Granitstufen und einem schönen Schmiedegitter mit Handlauf aus Holz. Die Türöffnungen sind je nach Nutzung und Funktion unterschiedlich gestaltet und bekrönt durch Giebel oder nützliche Oblichter etc.
In den Gangbereichen hat sich der ursprüngliche Fussboden in Gussasphalt erhalten. Spätere Einbauten sind zurückhaltend und ohne grössere Eingriffe in die Substanz vorgenommen worden. Interessante Details wie das Vorhandensein von Podesten auf der Kopfseite der Schulzimmer, für die Platzierung des Lehrerpultes vorgesehen, geben einen lebendigen Einblick in den Schulalltag zu Beginn unseres Jahrhunderts.
Das Primarschulhaus Grellingen ist mit seinem architektonischen und kunsthandwerklichen Reichtum einzigartig. Während der Grossteil der Schulhäuser im Baselbiet im späten 19. Jahrhundert im Stile eines zurückhaltenden Klassizismus errichtet worden sind, ist hier in Grellingen der Jugendstil mit "jugendlichem Schwung" verwirklicht worden. Damit erhält das Grellinger Schulhaus im kantonalen Vergleich einen hohen, architekturgeschichtlichen Stellenwert. Durch den Reichtum an Material und Form und den weitgehend unveränderten Bestand wird das Schulhaus zum Zeugnis verschiedenster, heute grossenteils nicht mehr gebräuchlichen Handwerkstechniken und fördert damit die Kenntnis und das Verständnis des regionalen Jugendstils als Architektursprache.
Kantonal geschützt seit 1999.