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Hölzlistrasse 15
Auf der linken Talseite von Binningen befindet sich das Wohnhaus "Schmidt". Einst weitab vom Dorfkern auf der grünen Wiese erbaut, ist dieses Gebiet heute mit Einfamilienhäusern überbaut. Deutlich von der Hölzlistrasse zurückversetzt, fällt der schlichte, kubische Bau dem aufmerksamen Spaziergänger ins Auge. Das Wohnhaus ist hart an die Kante des steil gegen Osten abfallenden Hanges gebaut. Der zweigeschossige Bau mit einem hangseitigen, zurückversetzten Kellergeschoss ist mit zwei Pfeilern abgestützt und bietet einen Panoramablick auf das benachbarte Bruderholz.
Ein betonierter, mit Spalieren eingefasster Weg führt in gerader Linie von der Hölzlistrasse über das Wiesland zum Haus, an dessen Südseite vorbei zum einstigen Haupteingang. Ein zweiter Hauseingang, später mit einem Vordach geschützt, befindet sich auf der schmalen Westseite. Über ihn ist die kleine, erdgeschossige Einliegerwohnung erschlossen. Der über einem schmalen, längsrechteckigen Grundriss mit den Massen 5.50m x 13.25m errichtete Baukörper wird mit einem gegen Osten leicht ansteigenden Pultdach gedeckt. Auf den beiden Längsseiten brechen die zu Bändern zusammengeschlossenen, fassadenbündigen Fenster die Fassadenflächen auf. Auf der Schmalseite gegen Osten öffnen sich ebenfalls grosszügige Fenster auf beiden Geschossen. Im Erdgeschoss erschliesst eine mittige Glastüre den vorgelagerten, mit dem Obergeschoss bündigen Balkon. Die konsequente Einhaltung der Fassadenflucht unterstreicht die Wirkung der Baute als scharfkantiger Gebäudekörper. Während das hangseitige Sockelgeschoss massiv gebaut ist, ist der eigentliche Baukörper ein reiner Holzbau, basierend auf einer einfachen Pfosten- Riegelkonstruktion aus Fichte. Diese Primärstruktur wird bei den Aussenfassaden mit Holzbrettern und Pflanzenfaserplatten geschlossen, wobei gegen den Innenraum die Pflanzenfaserplatten und gegen den Aussenraum senkrecht montierte Eichenplanken sichtbar sind. Bei den Innenwänden wie auch bei den Decken wurden grossenteils nur Pflanzenfaserplatten angebracht. Die Holzkonstruktion als wiederkehrende Masseinheit gibt den Rhythmus, die Lage und die Grösse der Räume vor. Der Hausgrundriss wird von West nach Ost dreigeteilt. Das mittlere Drittel ist der Erschliessung, der sanitären Infrastruktur und im Obergeschoss kleinen Schlafkammern vorbehalten, während das Drittel gegen Osten in beiden Geschossen grossen, nicht unterteilten Räumen zugeordnet ist. Im Westen befindet sich ebenfalls im Obergeschoss ein grosser, nicht unterteilter Raum, während im Erdgeschoss durch den Einbau der Einliegerwohnung dieses Raumdrittel in kleinere Räume unterteilt worden ist.
Die Wand- und Deckenoberflächen bestehen aus Pflanzenfaserplatten, deren Fugen mit flachen Holzleisten geschlossen sind. Die konsequente Verwendung dieses Materials unterstreicht den experimentellen Charakter der "Wohnkiste". Die Wand- und Türflächen waren ursprünglich in bunten Farben (Grau- und Gelbtöne, vereinzelt Lachsrot) gestrichen, die Decken waren mehrheitlich weiss gehalten. Die Böden im Bad- und Küchenbereich sind teilweise mit Linoleum gedeckt, die übrigen Böden mit längs laufenden, schmalen Holzdielen belegt. Beheizt wurde der nicht isolierte Bau mit mächtigen Röhrenradiatoren, die, unter den Fenstern platziert, das Erscheinungsbild des Raumes stark mitprägten. Hans Schmidt hat für dieses Haus Kasten- und Schrankmöbel entworfen, die bezüglich Farbigkeit und Machart eine Einheit mit den Räumen bilden. Drei dieser Originalmöbel haben sich im Hause erhalten.
Das Erdgeschoss ist dem Wohnen zugewiesen, im Obergeschoss befinden sich die Arbeits- und Schlafzimmer, wobei die beiden kleineren Schlafräume auf den Baueingabeplänen mit "Schlafkojen" bezeichnet sind.
Dieser funktional konzipierte Holzbau ist das Werk des Basler Architekten Hans Schmidt. Hans Schmidt gehörte zusammen mit seinem Büropartner Paul Artaria zu den prägenden Architekten der Bauhaus-Zeit in der Schweiz. Eines der grossen Anliegen von Artaria & Schmidt war das standardisierte Bauen, d.h. die Typisierung und Normierung von Grundrissen und Bauteilen. Zum einen kommt darin eine ästhetische Grundhaltung zum Ausdruck, welche die Form als einfaches Resultat eines bautechnisch logischen Gedankenganges versteht und jegliche Gestaltung ablehnt. Zum andern soll damit eine gesellschaftspolitische Forderung erfüllt werden, zeitgemässen Wohnraum für weite Bevölkerungskreise kostengünstig zu erstellen. Exemplarisch wird am Wohnhaus „Schmidt" nicht nur das Baumaterial auf ein Minimum reduziert, sondern auch die Zuteilung des knapp bemessenen Raumes auf sehr kleine Schlaf- und Badezimmer zugunsten von grösseren Wohn- und Arbeitszimmern umgesetzt.
Die ursprünglich graue, auf Stützen gestellte "Wohnkiste" gilt gleichsam als Manifest für das neue Wohnen in einer neuen Gesellschaft. Der Bauherr dieser "Wohnkiste" war ein bedeutender Kunstkritiker und prägte später als Direktor des Basler Kunstmuseums den öffentlichen Diskurs über Kunst und Architektur. Georg Schmidt, Bruder des Architekten, setzte mit dem eigenen Wohnhaus die Forderungen und Visionen des modernen Lebens konkret um.
Seit der Erstellung der Baute im Jahre 1929 sind folgende Baumassnahmen ergriffen worden: 1947 wird auf der Südseite eine zweigeschossige Laube angebaut, 1948 wird die Einlegerwohnung im Erdgeschoss aufgehoben und ein Esszimmer sowie eine Garderobe eingerichtet. Im Jahr 1954 erweitert die Familie das Raumangebot durch einen eingeschossigen Bau mit Bogenfenster im Sockelgeschoss auf der Ostseite. Für all diese Massnahmen zeichnet Hans Schmidt als verantwortlicher Architekt. Weiter sind bis auf zwei kleinere, einflüglige Fenster im Erdgeschoss die Holzschiebe-Fenster durch Fenster aus Kunststoff ersetzt worden. 2013 wird in Zusammenarbeit mit der Kantonalen Denkmalpflege der als nicht schutzwürdig eingestufte Bau von 1954 durch einen Neubau ersetzt. Im Wohnhaus werden einzelne Binnenwände entfernt, die Fassaden isoliert und die Fenster durch Holzfenster ersetzt, um der dritten Generation der Eigentümerfamilie ein zeitgemässes Wohnen zu ermöglichen.
Das Wohnhaus „Schmidt" ist als einziges Holzhaus des Architekten Hans Schmidt ein Unikat. Es gilt in Fachkreisen als Inkunabel des "Bauhaus-Stils" und zeigt exemplarisch die gestalterischen Maximen dieses Baustils. Mit der Beschränkung der konstruktiven und gestalterischen Mittel auf ein Minimum erreicht Hans Schmidt eine rationale Durchorganisation des knapp bemessenen Innenraums. Die Bezeichnung "Schlafkoje" weist zusammen mit dem schmalen, über dem Hang schwebenden Baukörper auf die schon bei Le Corbusier wegweisende Metapher des Schiffes resp. Ozeandampfers. Das Wohnhaus „Schmidt" wurde als wertvoller, singulärer Zeuge des Bauhaus-Stiles in das kantonale Inventar der geschützten Kulturdenkmäler aufgenommen.
Kantonal geschützt seit 2013, zudem unter Bundesschutz.