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Gräubernstrasse 7
Südlich des Stadtkerns von Liestal, auf dem freien Feld beim "Altmarkt" ist im 18. Jahrhundert das barocke Hofgut erbaut worden. Der Name "Gräubern" geht auf das Wort "Griebe" oder "Gräube" zurück, das die beim Aussieden von Fett zurückbleibende Schlacke bezeichnet. Sinngemäss ist unter "Gräubern" ein Ort zu verstehen, wo der Boden wie "Gräuben", d.h. schlackig oder körnig aussieht.
Dank den dendrochronologischen und bauhistorischen Untersuchungen während den Umbauarbeiten kann die erstaunlich komplexe Baugeschichte des Hofgutes umrissen werden. Frühestens im Winter 1752 / 53 wird ein zweigeschossiges kleines Haus mit Sparrendach errichtet. Kurz nach dem Bauabschluss wird offenbar auf der Nordseite ein eingeschossiger Anbau, vermutlich ein Ökonomiegebäude, erstellt. Rund zwanzig Jahre später, im Winter 1776 / 77 wird der Anbau aufgestockt. 1788 / 89 wird über den ganzen Bau ein neues Mansarddach errichtet. Im gleichen Bauvorgang wird auf der Südseite ein stattlicher Ökonomiebau gebaut, dessen Scheunentor noch heute die Jahreszahl 1790 zeigt.
Wie aus den schriftlichen Akten hervorgeht, hat der Liestaler Schlüsselwirt Samuel Brodbeck im Jahr 1799 die Liegenschaft an den Kaufmann Niklaus Meyer und an den Siechenpfleger Abraham Schäfer verkauft. Die beiden teilen sich Wohnhaus, Scheune und Stallungen, wobei der Sonnenwirt Johannes Schwob ebenfalls noch einen Tei der Stallungen benutzt. Nach 1807 sind die Gebrüder Niklaus, Jakob und Benedikt Meyer Eigentümer von Wohnhaus und Ökonomiegebäude.
1840 kaufte Landwirt Johannes Weber von Reigoldswil das Hofgut und leitete umfangreiche Baumassnahmen ein: Das Wohnhaus wurde gegen Nordosten um zwei Fensterachsen verlängert, 1862 die beiden Ökonomiegebäude vereinigt und ein Wagenschopf schräg gegenüber vom Hofgut erstellt. Im Jahre 1875 wird auf der Nordwestseite eine Laube mit zwei Mansarden erbaut und ein kleines Wirtslokal aus Rundhölzern vor dem Wohnhaus gebaut. Vermutlich handelt es sich hierbei um eine sog. Straussenwirtschaft, in der Johannes Weber Eigengewächse verkaufte. Das kleine Wirtslokal wird 1894 wieder abgebrochen.
1895 übernimmt der Schwiegersohn Albert Spinnler-Weber das Hofgut bestehend aus dem Wohnhaus mit drei Küchen, Scheune, zwei Stallungen, Remise und mehreren kleineren landwirtschaftlichen Nutzbauten. 1942 erbt der Sohn Fritz Spinnler-Nägelin. Der Hof wird bis ins Jahr 2001 bewirtschaftet.
Das verhältnismässig schmale, zweigeschossige Wohnhaus wird von einem französischen Halbwalmdach mit Lukarnen bedeckt. Die regelmässig gesetzten Fenster mit Brettläden sind hochrechteckig. Die Westfassade deutet mit den unregelmässig gesetzten Fenstern die Etappen der Baugeschichte an. Im ersten Obergeschoss auf der Westseite hat sich ein originales Eichenholzfenster mit Butzenscheiben erhalten. Die Haupterschliessung erfolgt auf der Ostseite über eine Türe mit Kalksteinlaibung. Auf der Rückseite befinden sich zwei weitere Türen, wobei diejenige am Nordwestende ein zweitverwendetes Türblatt mit geschnitzten Rosetten besitzt. Auf der Westseite befindet sich ebenfalls eine zweigeschossige, mit Holzschalung geschlossene Laube.
Im Gebäudeinnern hat sich eine historisch wertvolle Ausstattung erhalten: Eine eichene Treppe mit geschwungenen Trittstufen führt ins Obergeschoss. Im Obergeschoss des ersten Bauabschnitts befinden sich zwei Zimmerdecken mit originalem Stuckdekor. In der Mitte ist ein grosser, aus mehreren Teilkartuschen aufgebauter Deckenspiegel aufgebracht, während die Ecken mit kleineren Kartuschen verziert werden. Das flache Bandwerk und die lineare Gestaltung der Muschel- und Blütenformen weisen auf einen späten Régencestil hin.
Des weitern haben sich originale Türblätter mit wertvollen Beschlägen, originale Wandvertäfelungen und ein älterer Kachelofen mit patronierten Kacheln erhalten. Dieser Kachelofen ist wohl mit der Bauetappe von 1841/42 hier eingebaut worden. Die Kacheln zeigen die traditionellen Baselbieter Nelkenmuster aus verschiedenen Stilstufen. Das Ofentürchen ist aufwendig geschmückt. Ein Jugendstil-Zimmerofen und ein grosser Wandkasten aus der Erbauungszeit mit Gesimsverdachung schmücken die weiteren Räume. Zurzeit wird das Wohnhaus Gräubern in Zusammenarbeit mit der Kantonalen Denkmalpflege umgebaut. Dabei bleiben die historisch wertvollen Elemente erhalten und werden mit den Ansprüchen an einen zeitgemässen Wohkomfort verbunden.
Das Wohnhaus Gräubern, Bestandteil des Hofgutes mit Scheune und Nebengebäude, wird als historisch besonders wertvolles Kulturdenkmal in das kantonale Inventar aufgenommen. Die Gräubern ist der letzte, noch gut erhaltene Einzelhof ausserhalb des Stadtzentrums und bezeugt auch mit seiner Ausstattung die Wohn- und Baukultur der wohlhabenden ländlichen Bevölkerung. Die wechselvolle Baugeschichte gibt vielfältigen Aufschluss über die Bauvorgänge und Bautechniken des 18. und 19. Jahrhunderts. Zurzeit wird der Wohnteil der "Gräubern" mit fachlicher Begleitung der Kantonalen Denkmalpflege renoviert und umgebaut.