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Rheinstrasse 43
Das kantonale Altersheim, erbaut als Kantonsspital, liegt am Nordeingang des Städtchens westlich der Rheinstrasse etwas erhöht hinter einem grossen Vorgarten.
Die Baugeschichte dieses grossen Gebäudekomplexes ist höchst interessant für die Spitalgeschichte des Kantons. Nach der Kantonstrennung war im Jahre 1834 das Obere Spital im Städtchen aufgehoben worden und das Untere Spital, das bis 1955 neben dem Altersheim lag, durch Dachaufbauten vergrössert worden. Trotzdem genügte es als kantonales Spital nicht mehr, weshalb der Sanitätsrat schon 1842 die Errichtung neuer Irrenzellen und eine Erweiterung des Spitals ins Auge fasste. Architekt Christoph Riggenbach aus Basel hatte hiefür im Juni 1841 die Pläne gezeichnet. Die Erweiterung kam jedoch nicht zustande und es setzten lange Beratungen, Berechnungen und Abklärungen sowie Augenscheine in anderen Kantonsspitälern ein. Aufgrund dieser umfangreichen Untersuchungen beschloss der Landrat am 18. August 1851 den Bau eines neuen Kantonsspitals. Die Pläne dazu stammen nicht, wie bisher vermutet wurde, von Architekt Christoph Riggenbach, sondern vom kantonalen Bauinspektor Benedikt Stehlin selbst. Er hatte dazu zusammen mit dem Spitalarzt die Spitäler von Basel, Zürich und Königsfelden besucht. Der Standort auf der Anhöhe neben dem Unteren alten Spital ergab sich aus der Situation der Grundeigentumsverhältnisse. Der monumentale hufeisenförmige Neubau konnte hierauf in den Jahren 1852 - 1854 verwirklicht werden. Darin sollten 350 Personen gepflegt werden. Er enthielt im Hauptbau eine Krankenabteilung und in den Flügelbauten die Abteilung für Geisteskranke. Der Baumeister Begle übernahm die Maurerarbeiten und der Steinhauer Hunziker die Steinhauerarbeiten. Ein Ingenieur namens Haag aus Augsburg erstellte die Wasserleitung, die bekannte Firma Schwylgué aus Strassburg lieferte die Uhr und die Firma H. Rüetschi in Aarau goss die Glocke für den Dachreiter.
Im Jahre 1888 verlängerte man. die Flügelbauten und schloss den grossen Hinterhof gegen den Bahndamm mit einem Oekonomiegebäude ab. Dadurch war es möglich, die Altersabteilung von. Krankenabteilung und der Irrenabteilung zu trennen und für. 470 Patienten Platz zu schaffen. Nach dem Bau des neuen Krankenhauses (heute Birmann-Spital) in den Jahren 1875 - 1877 diente das Kantonsspital als Fürsorge- und Altersheim mit Alters- und Irrenabteilung, bis 1934 nach dem Bau der Heil- und Pflegeanstalt Hasenbühl die Geisteskranken von den Pfründern getrennt werden konnten. Seither dient das ehemalige Kantonsspital als kantonales Altersheim.
Der grossartige Baukörper ist bewusst auf eine Anhöhe gestellt, damit seine eindrucksvolle Fassade voll zur Geltung kommt. Seine Fassadenfront ist dreigeschossig und besitzt nicht weniger als einundzwanzig Fensterachsen. Ein Walmdach mit Firstreiter und kleinen Dachgauben bedeckt das langgezogene Gebäude. In der Fassadenmitte durchbricht ein fünfachsiger Mittelrisalit mit Dreieckgiebel und Quaderlisenen die Fassadenflucht und die Dachtraufe. Ein durchlaufendes Gesimse schliesst das Erdgeschoss ab, und eine Quaderimitation zwischen den fünf rundbogigen Oeffnungen lässt dieses als Sockelgeschoss erscheinen. Die fünf Fenster des Obergeschosses werden von flachen, vorstehenden Gesimsverdachungen abgeschlossen. Die Darstellung des barmherzigen Samariters, gemalt 1950 von Emilio Müller, umgibt im Giebelfeld das Zifferblatt der Uhr.
Beidseits des Dreieckgiebels sitzen auf den Dachflächen kleine giebelige Dachlukarnen. Über dem Giebel sitzt auf der Mitte des Dachfirstes ein Postenreiter mit geschweiftem Helm und Windrose. Darin hängt die Glocke von H. Rüetschi von 1853. Die übrigen Fenster der Fassade sind hoch-rechteckig. Hinter den verzahnten Quaderlisenen der Gebäudeecken dehnen sich die Seitenflügel, unterbrochen von Quaderlisenen, bis zum Bahndamm aus. Sie übernehmen die durchlaufende Gesimsgurte des Erdgeschosses und sind durch zwei flache Risalite, wovon der hinterste viergeschossig ist, unterteilt. Im Grundriss wiederholt das Gebäude mit seiner hufeisenförmigen Anlage die Grundrissform des alten Spitals.
Die Vereinfachung der klassizistischen Gliederung, die Zusammenfassung zu einem grossen Kubus und die monumentale Ausprägung entsprechen der Baugesinnung jener Zeit. Das Spital soll durch seine Grösse und seine betonte Schlichtheit wirken. Es ist im Grunde genommen die Gesinnung der Aristokraten der Jahrhundertwende, übertragen auf den Staat als Vertreter des Volkes. Das Gebäude will kein Palast oder Schloss sein, übernimmt aber deren Gestaltungsnormen und vereinfacht sie in bürgerlichem Sinne. Ein romantischer Einschlag ist deshalb auch diesem Gebäude nicht abzusprechen. Romantisch sicher nicht in Bezug auf das Mittelalter, sondern auf die Klassik, die sich hier in einem dem klassizistischen Barock verwandten Kleide präsentiert. Der Spitalbau war für den jungen Kanton ein Repräsentationsbau, doch musste sich dieser der bürgerlichen Gesinnung unterordnen. Bautraditionen verpflichten. So ist denn auch das neue Spital, heute kantonales Altersheim, keineswegs ein Einzelgänger, denn alle neueren Spitalbauten kamen im Grunde genommen von dieser Repräsentationslust nicht los.