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Zeughausgasse 41
Am östlichen Rand der mittelalterlichen Stadtbefestigung befindet sich bis heute die Stadtmauer von der Fundamentierung bis zum oberen Abschluss mit Wehrgang. An dieser Stelle waren einst Wirtschaftsbauten erstellt worden, die zum Pfarrhaus gehörten. Der bescheidenen, langjährigen Nutzung als Lagerbaute einerseits und dem sehr respektvollen und zurückhaltenden Umbau durch die jetzigen Eigentümer andererseits ist es zu verdanken, dass sich an dieser Stelle der letzte, durchgehende Rest der Stadtmauer erhalten hat.
Die archäologischen Untersuchungen, die vor den Umbauarbeiten in der Pfarrscheune ausgeführt wurden, ergaben zum ersten Mal in Liestal Befunde zur ältesten Stadtbefestigung des 13. Jahrhunderts. Auch umgelagerte vorstädtische Funde des 12. Jahrhunderts wurden entdeckt - erstmals ausserhalb der 1942 ergrabenen Stadtkirche. In Bodensondierungen liess sich zeigen, dass die Hangkante des Sporns der Schotterterrasse, auf der die Altstadt steht, schon einige Zeit vor dem Stadtmauerbau mehrere Meter tief künstlich nahezu senkrecht abgestochen worden war.
Die bauhistorischen Ergebnisse belegen mehrere Bauphasen für die ehemalige Pfarrscheune: Ausgangspunkt der Bebauung war die bestehende, mittelalterliche Stadtmauer. An sie wurden kurz nacheinander oder gleichzeitig zwei Scheunen angebaut, die zur Zeughausgasse nur ein Geschoss hoch waren, wie an Baufugen an den Brandmauern abzulesen ist. Anhand von Holzalterbestimmung ist der nördliche Teil der heutigen Pfarrscheune frühestens 1545, der südliche Teil 1556 erbaut worden, was auch die Jahreszahl am Bogenscheitel der Stalltüre bestätigt.
Bei diesem frühen Gebäude lag der First tiefer als heute und war nur leicht aus der Mitte zum Stadtgraben hin verschoben. Die grabenseitige Dachfläche war sehr flach und vermutlich mit Holzschindeln gedeckt, wie Jakob Meyer im Jahr 1663 zeichnerisch festgehalten hat. Um 1724 wurden in einer zweiten Phase sowohl die stadtseitige Fassade und die Brandmauer zwischen den beiden Teilen auf die heutigen Niveaus erhöht. Das Dach des südlichen Scheunenteils lag jedoch in dieser Phase um einen halben Meter tiefer als das heutige. Möglicherweise schloss der zuerst erhöhte südliche Scheunenteil mit einem Stufen- oder Treppengiebel ab.
Beim Neubau des direkt anschliessenden Pfarrhauses im Jahre 1743 liess man die Brandmauer im Bereich der Scheune stehen, denn diese zeigt noch heute den Abdruck der Scheune in ihrer Phase mit einem Geschoss zur Zeughausgasse.
Frühestens im Jahre 1795 wurde der noch erhaltene Dachstuhl des südlichen Scheunenteils errichtet. Im nördlichen Teil der Scheune ist an der Brandmauer im Bereich der Aufstockung die Jahreszahl 1797 in den Verputz eingeritzt, die zu diesem Ereignis passt. Das Dach des nördlichen Scheunenteils hat frühestens 1809 seinen heutigen Dachstuhl erhalten. Nach dieser Erneuerung haben Dach und die stadtseitige Fassade keine Änderungen mehr erfahren.
Die Stadtmauer ist im Bereich der Pfarrscheune noch sehr gut erhalten, so wie nirgends sonst in Liestal. Sogar die Mauerkrone mit den Zinnen, die später zu Schiessscharten verengt wurden, ist noch vorhanden. Lediglich an drei, vier Stellen sind spätere Durchbrüche durch die Mauer erfolgt. Sichtbar sind weiter die vermauerten Durchgänge des Wehrgangs durch die Brandmauern auf der Innenseite der Stadtmauer. Nur zum Pfarrhaus ist er vorerst nicht festzustellen. Der Wehrgang selbst bestand aus Holz, wie unschwer an den Löchern in der Stadtmauer für die Balken und Streben zu erkennen ist.
Die Stadtmauer hatte im untersuchten Bereich stadtseits eine Höhe von 7 Metern; Zinnen von 2 Metern Breite und 90 Zentimetern Höhe wechselten mit Öffnungen von 1,5 Metern im Licht. Der hölzerne Wehrgang liess sich anhand erhaltener Balkenlöcher 4,5 m über dem Boden rekonstruieren. Diese älteste Stadtbefestigung verbrannte wohl 1381 und wurde anschliessend in derselben Art wieder aufgebaut. Die Spuren von Brand und Reparatur sind am Bau noch deutlich zu erkennen. Schon im 15. Jahrhundert folgte die Zumauerung der Zinnen zu Schartenfenstern. Eines der originalen Fenster aus dieser Zeit konnte mit der Holzalterbestimmung ins Jahr 1463 datiert werden. Wohl gleichzeitig wurde das Wehrgangniveau um rund 70 cm angehoben. Der Wehrgang blieb auch nach dem Bau der Pfarrscheune noch bis ins Jahr 1718 begehbar.
Der Umbau ist in enger Zusammenarbeit mit der Kantonalen Denkmalpflege und der Kantonsarchäologie erfolgt. Das Ziel war dabei, gemeinsam einen Weg zu suchen, um das Gebäude sinnvoll zu nutzen ohne die historisch wertvolle Bausubstanz zu gefährden. Die hohen Räume eignen sich hervorragend für ein Ladengeschäft. Der Mangel an Tageslicht wird mit einem speziellen Lichtschacht gelöst, der in der Dachfläche kaum auffällt. Das Dach wurde mit handgefertigten Biberschwanzziegeln und Holzschindeln neu gedeckt und der Innenverputz nach alten Rezepten gemischt und aufgetragen.
Die ehemalige Pfarrscheune, deren hintere Fassade das besterhaltene Teilstück der mittelalterlichen Stadtmauer darstellt, ist als wertvoller städtebaulicher und historischer Zeuge in das Inventar der geschützten Kulturdenkmäler aufzunehmen.