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- Bahnhofstrasse 2 / Hauptstrasse 21 / 23
Bahnhofstrasse 2 / Hauptstrasse 21 / 23
Die Häusergruppe Hauptstrasse 21/23 und Bahnhofstrasse 2 bildet eine markante Ecke mitten im alten Dorfkern von Oberwil. Sie ist zugleich der Auftakt zu einer Häuserzeile, die als Fragment des alten Dorfzentrums bezeichnet werden kann. Gemäss dem Richtplan der Gemeinde Oberwil hätte auch dieser Komplex zusammen mit andern Bauten einer Neuüberbauung weichen müssen, doch hat das Umdenken auch in Oberwil soweit geführt, dass dieser Komplex nicht abgebrochen, sondern als Baudenkmal restauriert worden ist.
Beide Bauten sind trotz unterschiedlichem Baustil vom selben Architekten zur selben Zeit erbaut worden. Auf den erhaltenen Plänen findet sich die Jahreszahl 1903 und der Name des Architekten Emil Dettwiler aus Basel, der beim Baugeschäft Gschwind und Dettwiler arbeitete. Errichtet wurden die beiden Gebäude als Wohn- und Geschäftshaus der Konsumgenossenschaft Oberwil und sind somit ein Symbol dieser in Oberwil mit Nationalrat Stefan Gschwind entstandenen Genossenschaftsbewegung, die weit über Oberwil hinausstrahlte.
Der Kopfbau ist dreigeschossig mit Schaufenstern im Erdgeschoss und überhöhten Fenstern in den übrigen Geschossen. Bestimmend für diesen Backsteinbau sind die turmartig über das Dach gezogenen Eckrisalite, die dem Gebäude etwas schlossartiges verleihen. An den Backsteinbau fügt sich an der Bahnhofstrasse das Wohnhaus mit einem mächtigen Krüppelwalmdach und einem Erker auf der Strassenseite. Die Fensterbänke sind durchgezogen und vom selben Material wie der Erker. Ausserdem sind die Fenster und der Eingang im Erdgeschoss rundbogig. Beide Bauten sind tvpische Häuser der Gründerzeit und des Stilpluralismus, der um 1900 zu solch eigenartigen Schöpfungen führte. Der Kopfbau in rotem Sichtbackstein ist ausserordentlich streng gegliedert, besitzt über dem rustizierten Erdgeschoss ein breites, durchgezogenes Gesimse, während die beiden Wohngeschosse durch ein schmales Gesimse getrennt sind und in der Vertikale betont werden. Die turmartigen Aufbauten endigen in vasenartigen Kugeln, wobei die Giebel abgeflacht und mit einem steinernen Knauf bekrönt sind. Der Kopfbau übernimmt somit die städtische Architektur jener Zeit und repräsentiert eine herrschaftliche Haltung. Der Bau an der Bahnhofstrasse verkörpert mit einem hohen Krüppelwalmdach und dem Erker die ländlich-bürgerliche Architektur jener Zeit. Als bürgerlich galt vor allem die Gotik, von der man den Erker übernahm. Das eher barock wirkende Dach dagegen atmet Behaglichkeit aus
Beide Bauten waren für jene Zeit in Oberwil, in einem Bauerndorf, fremd und eine vollständige Neuheit. Sie dürften deshalb anfangs auch als Fremdkörper gewirkt haben. Die damals neu gegründete Konsumgenossenschaft wollte sich offenbar hier ein Denkmal setzen, was ihr auch vortrefflich gelungen ist. Nach der Entfernung eines grossen Teiles des alten Dorfes mit seinen Bauernhöfen wirken die beiden Häuser gegenüber den Neubauten der Nachkriegszeit geradezu gekonnt und in ihrer Aussage dominant. Sie sind damit nicht nur ein Denkmal der Genossenschaft, sondern auch der Gründerzeit geworden. Vor wenigen Jahren noch wurde diese Architektur belächelt und verspottet. Heute jedoch erkennt man sowohl ihre architekturgeschichtliche Bedeutung als auch ihren geistesgeschichtlichen Wert.