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- Bauerngasse 60 / 60a
Bauerngasse 60 / 60a
Der ehemalige Gasthof zum Hirschen, heute Bauernhaus, liegt am südlichen Dorfeingang an der Bauerngasse in erhöhter Lage zusammen mit einer kleinen Gebäudegruppe.
In Oltingen, das am Fusse des einst viel begangenen Passes über die Schafmatt liegt, wird bereits im Jahre 1276 eine Taverne bezeugt. Später, im 16. Jahrhundert, bestand eine Wechselwirtschaft, so genannt weil der Wirt alle zwei Jahre wechselte. Im Jahre 1699 meldete allerdings der Basler Obervogt auf der Farnsburg Niklaus Bulacher an den Rat zu Basel, dass in Oltingen ein Gasthof für die, welche den Weg über die Schafmatt wählen, fehle. Er schlug als Wirt den Rotgerber Hieronymus Imhof von Liestal vor, da ihn dieser um eine Wirtschaft angehalten habe. Trotz des Protestes der Gemeinde erhielt Imhof die Genehmigung und erbaute sich ein eigenes neues Wirtshaus. Das grosse, ursprünglich allein auf der Anhöhe stehende Haus wurde dann auch vom Zeichner Emanuel Büchel im Jahre 1756 festgehalten und als Gashof zum Hirschen bezeichnet.
Das stattliche Haus ist zweigeschossig und von einem traufseits vorkragenden Satteldach bedeckt. An beiden Fassaden sind die Fenster regelmässig angeordnet, sind noch zweiteilig und enden in kunstvollen Voluten. Der Eingang auf der Strassenseite ist mit einer Barockkartusche in der Sturzmitte verziert. Noch prachtvoller ist die Nordfassade, zu deren Eingang eine hohe Treppe führt. Die Türe schliesst hier in einem Schulterbogen mit einem querovalen, vergitterten Oblicht darüber. An der Pfette unter dem Dachvorsprung steht die Inschrift Hanns Jacob Gass 1796, die auf eine Renovation des Hauses hinweist. Die anschliessende Oekonomie zeigt eine rundbogige Stalltüre und ein rundbogiges Scheunentor mit der Jahreszahl 1699. Besonders interessant und wertvoll ist auch das Innere des Hauses. Ein durchlaufender Gang teilt das Haus in zwei Hälften und enthält in der Mitte eine eingewandete Treppe. Die Türen rahmen barocke Türgestelle, und im Obergeschoss befindet sich eine grosse getäferte Stube mit einer barocken Felderdecke.
Das am Ende des 17. Jahrhunderts erbaute Gasthaus, das zugleich als Bauernhaus mit Oekonomie diente, übernimmt die Proportionen spätgotischer Bauten und steigert sie im barocken Sinne zur repräsentativen Aussage. Dies gilt namentlich für die noch mit gotischen Rahmen versehenen Fenster, die regelmässig angeordnet und zweiteilig sich in den Dimensionen den barocken Kreuzstöcken annähern. Ihre Voluten und vor allem die Verzierungen der Türen und das Oblicht auf der Rückfront sind zweifellos barockes Formengut.
Gotische oder sagen wir besser mittelalterliche Bautradition wird hier in barockem Sinne neu interpretiert, weshalb nicht etwas grundsätzlich Neues, sondern eine Weiterentwicklung der Bautradition im barocken Stil erreicht wird. Es spricht für die Qualität dieser Architektur und die bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts hinein reichende Tradition der Architektur unserer Bauerndörfer, dass dank einem singulären Einfühlungsvermögen der Baumeister und Handwerker selbst durch den Bau von Gasthöfen keine Fremdkörper entstanden, sondern harmonisch eingefügte Bauten, die ihre Entstehungszeit keineswegs verleugnen. In dem sich während Jahrhunderten baulich sehr langsam entwickelnden Oltingen war und blieb der Gasthof zum Hirschen der einzige Barockbau dieser Art. Spätere Bauten der Umgebung haben ihm seine einst isolierte Stellung genommen und ihn in den Dorfverband einbezogen. Als bedeutendes Bauwerk zugleich Zeuge einer neuen Epoche bestimmt der ehemalige Gasthof zum Hirschen diesen Dorfteil und gibt ihm ein besonderes Gepräge.