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Hauptstrasse / Birsigtalstrasse, Wegkreuz
Das Wegkreuz von Reinach steht am Dorfausgang gegen Aesch und blickt gegen den Dorfmittelpunkt.
Der fürstbischöfliche Salzdirektor und Fruchtschaffner in Reinach Franz Anton Goetz stiftete das Wegkreuz im Jahre 1761. Nachdem es während der französischen Revolution gelitten hatte, wurde es von den Söhnen Goetz im Jahre 1804 wieder instand gestellt. Im Jahre 1929 renovierte es die Gemeinde.
Das Kreuz steht auf einem massiven Steinsockel mit Buckeln. Auf den vier hochrechteckigen Flächen der Basis, dem untersten Stück des Kreuzes, stehen vier Sprüche, die alle vier die Erlösung der Menschheit am Kreuze preisen und andererseits zugleich die Errichtung des Kreuzes an der Grenze zwischen dem katholischen Reinach und der reformierten Basler Landschaft rechtfertigen. Eindeutig an die Andersgläubigen gerichtet ist folgender Spruch: "Dies Bild wird nicht als Gott verehrt, wie wird von vielen falsch gelehrt, sondern es zeigt uns Christum an, was für uns hat er getan. Am Kreuz erlöst aus Gnaden mild, den ehren wir mit diesem Bild". Auf einem weiteren Teilstück des Kreuzes steht in arabischen Ziffern die Jahreszahl der Entstehung 1761 und darüber in einer schwungvoll hochgezogenen Rokokokartusche der Spruch: "Mein Gott mich schmerzt die Ursach Deines Leidens und Todes". Die in diesem Spruch gross geschriebenen Buchstaben bedeuten römische Zahlen, die in der Auflösung die Jahreszahl 1761, als das Entstehungsjahr ergeben. Dieses Buchstabenspiel nannte man Chronostichon. Über der Kartusche steht das Renovationsdatum 1929. Im obersten Teilstück unter dem Kreuz finden sich die beiden Stifterwappen Goetz und Felbwer, beide unter einer Krone in Kartuschen gefasst. Um die Wappen herum stehen in kleiner Schrift Angaben über die Stifter. F. A. Goetz Oner. Sal, Dda Felbwer., also Franz Anton Goetz, Salzschaffner und Frau Felbwer. Über dem Allianzwappen folgt eine weitere Rocaille mit der Inschrift: Post Revol. Restit A.F.F. D. D. Fr. et Conr.Goetz 1804, was übersetzt heisst: Nach der Revolution von den Herren Franz und Conrad 1804 wieder errichtet. Offenbar war das Kreuz während der französischen Revolution verborgen und im Jahre 1804, als Napoleon Kaiser geworden und sich mit der Kirche versöhnt hatte, wieder aufgestellt worden. Reinach gehörte damals zu Frankreich, und der junge Franz Goetz war damals Maire von Reinach.
Die einzelnen Teilstücke verjüngen sich nach oben, wo das eigentliche Kreuz sich erhebt. Der Korpus hängt mit dem Kopf auf die Seite gelegt und die Beine gegeneinander mit den Füssen über Kreuz. Das reich gefaltete Lendentuch und die wallenden Haarsträhnen unter der Dornenkrone bewegen sich asymmetrisch und verraten den Stil des späten Rokoko. Das Gesicht hingegen bleibt verhalten mit geschlossenen Augen, jedenfalls fehlt das Pathos und die Verzückung des barocken Kruzifix. Es ist deshalb durchaus möglich, dass ein älteres Kruzifix als Vorbild diente. Neben dem hohen Stock mit den zahlreichen Sprüchen wirkt das Kruzifix eher klein und zierlich. Doch spricht auch dieses Missverhältnis zwischen dem umfangreichen Programm an Rocaillen, Inschriften und Kartuschen, und dem relativ kleinen Kruzifix für den Geist jener Zeit. Inschriften, Wappen und Stifter werden als Erklärung und Träger des Kreuzes viel Platz eingeräumt. Auch die Inritafel zuoberst am Kreuz macht die Bewegungsfülle des Rokokos mit.
Das von Franz Anton Goetz gestiftete Wegkreuz ist das einzige dieser Art im ehemals fürstbischöflichen und deshalb katholischen Birseck. Es weist aber nicht nur auf die weltlichen und religiösen Zustände jener Zeit, sondern verkörpert ein grosses Stück der Geschichte von Reinach. Die Bedeutung des Salzschaffners in Reinach hob im 18. Jahrhundert auch die Bedeutung des damals als Grenzort geltenden Reinachs.
Franz Anton Goetz verdankt Reinach zahlreiche Kunstwerke. Der Schöpfer des Wegkreuzes war mit grosser Wahrscheinlichkeit Niklaus Kury, ein Reinacher Bildhauer der Rokokozeit, und zugleich einer der wenigen einheimischen Bildhauer, die einen gewissen Ruf genossen. Niklaus Kury arbeitete am Weissen und Blauen Haus am Rheinsprung in Basel, er schuf das bekannte Relief mit der Flucht nach Aegypten am Kuryhaus, der ehemaligen Amtswohnung des Salzschaffners Goetz. Auch hier handelte es sich um einen Auftrag von Goetz. Von Niklaus Kury stammt auch das Portal des Gasthauses zum Schlüssel in Reinach und das geschnitzte Treppenpodest im Innern. Schliesslich schuf Niklaus Kury das leider beinahe völlig verwitterte Grabmbal des Salzschaffners bei der Kirche fünf Jahre nach dem Todes von Goetz im Jahre 1785.
Franz Anton Goetz und Niklaus Kury, ein Stifter und Mäzen und der Bildhauer, lebten in der Blütezeit des Dorfes Reinach im 18. Jahrhundert. Ausdruck dieser kulturellen Strömung ist das Kreuz, das erste von Goetz in Auftrag gegebene Werk, und zugleich eines der ersten Werke von Niklaus Kury. Somit ein Werk des einheimischen Kunstschaffens, des lokalen Mäzenatentum und des religiösen Geistes jener Zeit.