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Röm.-kath. Kirche St. Joseph, Felsenstrasse 14
Die römisch-katholische Kirche St. Joseph in Sissach liegt am Rande des Wohnquartiers südlich der Bahnlinie und somit in einem Dorfteil, der erst im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts entstanden ist.
Nachdem sich von der Mitte des 19. Jahrhunderts an wieder Katholiken in Sissach angesiedelt hatten, die zur Pfarrei Liestal gehörten, hielt der Pfarrer von Liestal 1892 im Messelokal den ersten katholischen Gottesdienst in Sissach. 1896 erklärte der Bischof Sissach zur selbständigen Diaspora-Pfarrei und gab ihr einen eigenen Pfarrer.
1898 ging auch der Wunsch nach einer eigenen Kirche in Erfüllung, indem man mit den Bauarbeiten für eine Kirche nach Plänen des damals berühmten Kirchenarchitekten August Hardegger aus St. Gallen begann. Am 28. Mai 1899 konnte die Kirche vom Bischof in Anwesenheit von 27 Priestern eingeweiht werden. Drei Jahre vorher war die katholische Kirche von Binningen vom selben Architekten eingeweiht worden. Im Gegensatz zu dieser neugotischen Kirche wählte Hardegger für die Sissacher Kirche den neuromanischen Stil. Innerhalb der Entwicklung der Kirchenarchitektur steht deshalb dieser Bau in der letzten Phase des Historismus, der Zeit des architektonischen Stilpluralismus. Hardegger selbst war der Wortführer einer Architektengeneration, die gegen die wahllose Uebernahme von historischen Formen kämpfte. Die Vorherrschaft der Gotik war gebrochen, und man suchte vermehrt Formen der Romanik, die einfacher und volkstümlicher schienen.
Im Grundriss umfasst die Sissacher Kirche ein längsrechteckiges Schiff, ein quadratisches Altarhaus mit angebauter Sakristei und eine leicht eingezogene Apsis.
Die Haupt- und Eingangsfront wird unten von einem romanischen Portal und oben von einem kleinen Frontturm bestimmt, wobei das Portal mit seinem Giebel nicht aus der Mauer entwickelt, sondern typisch für jene Zeit wie aufgesetzt wirkt. Dies gilt auch für die Lisenengliederung der ganzen Hauptfassade, der Seitenfassaden und den Rundbogenfries, der um das ganze Gebäude läuft. Die plastisch vortretenden Säulen des Portals finden ihre Ergänzung in der auf Konsolen ruhenden Säulenarkade mit der Figur Josephs, des Kirchenpatrons, der das Christuskind trägt. Am Turm selbst erinnert der spitze Helm noch an die neugotischen Tendenzen in Hardeggers Schaffen, doch ist der aufgesetzte Frontturm, der wie ein Dachreiter wirkt, zugleich eine Reduktion der damals beliebten Einturmfassaden. An den Seitenfassaden finden wir den Wech-sel zwischen Wandvorlagen und Wandflächen mit rundbogigen Fenstern. Durch die Restaurierung ist diese dadurch verstärkt worden, dass die Lisenen eine Hell-Dunkel-Quadrierung erhielten, und der Rundbogenfries das Ganze zusammenhält. Portal, Figurennische, Rundbogenfenster und Rundbogenfries sind im Geiste des Klassizismus streng symmetrisch angeordnet, wodurch ihre Wirkung ornamental und malerisch ist. Die Schlichtheit der relativ kleinen Kirche erinnert an Landkirchen und bezeugt die Ueberwindung des Höhenflugs der Neugotik.
Auch im Innern ist das traditionelle Schema der Landkirchen übernommen worden. Massgebend waren hier die drei Altäre, die erst 1899 entstanden. Otto Holenstein aus Wil lieferte den Hochaltar, die beiden Seitenaltäre, die Kanzel und die Kommunionsbank. 1910 führte er auch den Hochaltaraufbau aus. Im gleichen Jahre brachte Holenstein in der Apsis, an den Chorwänden, im Chorgewölbe und an der Chorbogenwand gegen das Langhaus prächtige Dekorationsmalereien an. An der Eingangswand steht die neu-romanische Orgelempore, einst mit einer Orgel, die 1915/16 von der Firma Gell in Luzern aus verschiedenen älteren Werken zusammengesetzt worden ist. Das Gehäuse stammte von einer alten Orgel in Balsthal. Anlässlich einer Renovation von 1936 wurde das Innere der Kirche hinsichtlich der Ausmalung stark verändert. Ausserdem haben Renovationen von 1935 und 1961 das Aeussere derart vereinfacht, dass die Architektur dieser Kirche kaum mehr zur Geltung kam.
Mit der Restaurierung von 1979/80 erhielt die Kirche aussen wieder ihr ursprüngliches Gewand und ihre typisch neuromanische Gliederung zurück. Ausserdem entstand auf der Westseite ein Platz mit einem Brunnen in der Mitte.
Im Innern fand sich bei der Restaurierung die alte Bemalung im Schiff und im Chor. Während der Chorrund mit einem Damastmuster besetzt ist, sind die Seitenwände mit einer Steinquaderimitation bemalt. Die Chorbogenwände gegen das Schiff hin zeigen die alten Vorhangmalereien. Im Gegensatz zur farbenprächtigen Malerei des Chores, ist das Langhaus sehr zurückhaltend und dezent bemalt. Hier erhielt die Empore eine neue Orgel von der Firma Metzler mit 18 Registern und einem barocken Prospekt. Die liturgische Ausstattung aus dem 19. Jahrhundert, die Seitenaltäre, der Hochaltar, die Kanzel und der Taufstein mussten leider aus liturgischen und aus Gründen des Platzmangels entfernt und magaziniert werden. An ihrer Stelle schuf der Bildhauer Alois Spichtig einen Ambos, einen Altar, einen Tabernakel und einen Taufstein, die sich als neue Werke in Material und Form ausgezeichnet in den Chorraum integrieren. An den beiden Chorwänden stellte man anstelle der Seitenaltäre zwei prachtvolle Statuen der Maria und des Josephs vor die Vorhangmalereien auf Konsolen.
Im Gegensatz zur Rekonstruktion des Aeussern erhielt die Kirche im Innern zu den wieder zum Vorschein gekommenen Dekorationsmalereien auch durchaus zeitgenössische Akzente, die einerseits den Raum aufwerten und ihn andererseits seiner heutigen Funktion näherbringen. Die neue Orgel und die neue liturgische Ausstattung ordnen sich dem Gesamtcharakter des Gotteshauses unter.
Da es sich um die einzige neuromanische Kirche des Kantons Basel-Landschaft handelt, ist ihre Erhaltung für unseren Kanton von grosser Bedeutung. Noch wichtiger scheint uns aber die Tatsache, dass ein Kompromiss zustande kam, der als Leistung unserer Generation und unserer Zeit zu verstehen ist, denn die Kirche ist nicht nur ein Baudenkmal, sondern in erster Linie ein Gotteshaus, in welchem sich die Kirche als "Ecclesia semper reformanda" immer wieder erneuern kann.