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Armutsmonitoring
Ergebnisse des ersten Armutsmonitoring
Um eine Grundlage für die Armutsbeobachtung und für die Planung von armutsrelevanten Massnahmen zu schaffen, hat die Berner Fachhochschule ein periodisches Armutsmonitoring für den Kanton Basel-Landschaft implementiert. Für die erste Durchführung des Armutsmonitorings wurden kantonale Steuerdaten mit Bevölkerungs- und Wohnungsdaten sowie mit der Sozialhilfestatistik und mit Daten zum Bezug von weiteren Bedarfsleistungen verknüpft. Genutzt wurden jeweils die Daten für das Jahr 2019.
Mit dem Armutsmonitoring kann die Armutslage im Kanton Basel-Landschaft erstmals umfassend und detailliert aufgezeigt werden. So sind erstmals Aussagen möglich zur Verteilung der Armutsbetroffenheit innerhalb des Kantons. Zudem wird mit der Nichtbezugsquote erstmals aufgezeigt, wo der Zugang zur Sozialhilfe erschwert ist. Überdies können Risikogruppen identifiziert werden. Nachfolgend werden ausgewählte Ergebnisse des ersten Armutsmonitorings zusammengefasst. Der vollständige Bericht ist hier abrufbar.
Absolute Armutsquote
Gemäss dem Indikator zur absoluten Armut, der das Haushaltseinkommen berücksichtigt, gelten rund 16'000 Menschen im Kanton als arm. Das entspricht einer absoluten Armutsquote von 6.1%. Die Armutsbetroffenheit im Kanton ist etwas tiefer als im schweizerischen Durchschnitt. Die für die absolute Armut definierte Armutsschwelle orientiert sich an den Grundlagen zur Bestimmung des Anspruchs auf Sozialhilfe und umfasst eine Pauschale für die täglichen Auslagen, die Krankenkassenprämien und die Wohnkosten.
Junge Erwachsene (7.5%) und Menschen im Rentenalter (7.9%) haben überdurchschnittlich hohe Armutsquoten. Dabei gilt es aber zu berücksichtigen, dass junge Erwachsene häufig in Ausbildung sind und von ihren Eltern finanziell unterstützt werden. Bei Menschen im Rentenalter ist die alleinige Betrachtung der Einkommensverhältnisse zudem eingeschränkt aussagekräftig. Am tiefsten ist die Armutsquote mit 5.3% bei den Menschen im erwerbsfähigen Alter. Ein etwas erhöhtes Armutsrisiko (5.7%) haben minderjährige Kinder.
Armutsgefährdungsquote
Bei der etwas weiter gefassten Armutsgefährdung mit einer Armutsschwelle von 60% des Medianeinkommens steigt die Zahl der Betroffenen auf 12.2%. Zu den 16'000 Armutsbetroffenen kommen somit gleich viele Menschen mit einem Einkommen unmittelbar oberhalb der Armutsgrenze hinzu.
Die Altersgruppen sind unterschiedlich stark armutsgefährdet. Rund jedes siebte Kind (14.3%) ist armutsgefährdet. Viele Kinder wachsen also in Familien mit sehr knappen finanziellen Mitteln unmittelbar oberhalb der Armutsgrenze auf.
Armutsquote unter Einbezug finanzieller Reserven
Eine engere Definition der Armutsbetroffenheit liegt mit dem Indikator zur Armut unter Einbezug von finanziellen Reserven vor. Dabei wird geprüft, ob ein Haushalt über flüssige Vermögenswerte verfügt, um den Haushaltsbedarf gemäss Existenzminimum für ein Jahr zu finanzieren. Danach gelten 3.4% der Bevölkerung als arm. Ausgehend von der Armutsbetroffenheit gemäss absolutem Ansatz reduziert sich die Zahl der Armutsbetroffenen um rund 7'000 Menschen. Es verbleiben 9'000 Personen, die weder über ein Einkommen noch über finanzielle Reserven zur Deckung des Existenzminimums verfügen.
Bei Personen über 64 Jahren reduziert sich die Armutsquote aufgrund der Berücksichtigung von finanziellen Reserven erheblich, nämlich von 7.9% auf 1.1%. Die Altersarmut ist somit unter Berücksichtigung des Vermögens gering. Bei Kindern bleibt sie hingegen hoch: 4.8% der Kinder wachsen in Haushalten mit Einkommen unterhalb der Armutsschwelle und ohne finanzielle Reserven auf.
Armutsquote nach Gemeinden
Für die sozialräumliche Analyse wurde die Armutsquote unter Einbezug von finanziellen Reserven für alle Gemeinden berechnet. In den Agglomerationsgemeinden, die an den Kanton Basel-Stadt angrenzen, ist die Armutsbetroffenheit überdurchschnittlich hoch im Vergleich zu den ländlichen Gemeinden. Dazu gehören etwa Birsfelden (6.7%), Münchenstein (6.6%), Pratteln (6.4%) und Füllinsdorf (6.3%). Erhöhte Armutsquoten finden sich aber auch in den weniger dicht besiedelten Gemeinden der Peripherie wie Liesberg (5.3%), Grellingen (5.2%) und Waldenburg (4.9%).
Nichtbezugsquote von Sozialhilfe
Die Nichtbezugsquote von Sozialhilfe liegt im Kanton bei 37.6%. Das heisst, rund ein Drittel der Armutsbetroffenen bleibt der Sozialhilfe fern. Damit verzichten rund 3'000 Menschen auf Sozialhilfeleistungen, obwohl sie rechnerisch gesehen Anspruch hätten. Dabei ist der Nichtbezug bei Menschen zwischen 26 und 64 Jahren verbreiteter als bei Kindern und jungen Erwachsenen.
Nichtbezugsquote von Sozialhilfe nach Gemeinden
Die Nichtbezugsquote ist in den ländlichen Gemeinden höher als in den Agglomerationsgemeinden. Mögliche Erklärungen dafür können eine erhöhte Hemmschwelle aufgrund von Scham sein, welche in weniger anonymisierten Dörfern in ländlichen Regionen stärker zum Tragen kommt, aber auch alternative Möglichkeiten, finanzielle Engpässe durch eigene Nahrungsgewinnung oder Nachbarschaftshilfe zu kompensieren.
Armutsbetroffenheit nach Haushaltsform
Einelternhaushalte haben ein weitaus überdurchschnittliches Armutsrisiko. Ihre Armutsquote bei Berücksichtigung von finanziellen Reserven beträgt 13.7% und die Armutsgefährdungsquote gar 26.0%. Rund jeder vierte Einelternhaushalt ist also armutsgefährdet. Dieses Risiko betrifft überwiegend Frauen: 83% der Alleinerziehenden sind Frauen. Auch bei Einpersonenhaushalten im Erwerbsalter ist das Armutsrisiko überdurchschnittlich hoch (mit einer Armutsquote unter Einbezug von finanziellen Reserven von 5.9%). Dabei sind Männer stärker betroffen.
Armutsbetroffenheit nach Nationalität
Eine weitere Risikogruppe sind Ausländerinnen und Ausländer, wobei sich das Armutsrisiko stark nach Herkunftsland unterscheidet. Bei Menschen aus Nord- und Westeuropa besteht eine Armutsquote unter Einbezug von finanziellen Reserven von 4.1%. Erhöht ist das Armutsrisiko bei Menschen aus Süd- (6.2%) und Osteuropa (7.2%). Besonders gefährdet sind Menschen aus Ländern ausserhalb von Europa. Bei diesen beträgt die Armutsquote 13.3%. Im Vergleich zu Schweizerinnen und Schweizern (3.1%) haben diese Menschen ein mehr als vierfach erhöhtes Armutsrisiko.
Armutsbetroffenheit nach Bildung
Menschen ohne anerkannten Schulabschluss haben ein überdurchschnittlich hohes Armutsrisiko. Ihre Armutsquote unter Einbezug von finanziellen Reserven liegt bei 7.1%. Bei Personen, die nur über einen obligatorischen Schullabschluss verfügen (Sek 1) ist das Risiko ebenfalls überdurchschnittlich (4.5%), während Personen mit einem Abschluss auf Sekundarstufe II (2.7%) oder einer Tertiärausbildung (2.1%) seltener betroffen sind. Dies verdeutlicht die Wichtigkeit von Bildungsabschlüssen und den damit verbundenen Chancen der Erwerbsintegration für die Verhinderung von Armut.
Working-Poor-Quote
Armutsbetroffenheit kann trotz Erwerbstätigkeit vorliegen. Dies zeigt die Working-Poor-Quote auf: So sind von den Haushalten mit einer Erwerbstätigkeit 2.9% einkommensarm. Obwohl ein Erwerbseinkommen das Armutsrisiko reduziert, sind im Kanton 4’280 Personen trotz Erwerbstätigkeit arm, da ihr Erwerbseinkommen nicht ausreicht. Besonders häufig sind junge Erwachsene, Frauen, Menschen mit ausländischem Pass und/oder fehlenden Bildungsabschlüssen betroffen.