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Fussball als Türöffner: Wie Sara Svanberg in der Schweiz Fuss gefasst hat
Im Juli ist Basel Gastgeberin der UEFA Women’s Euro 2025 – ein Highlight für viele Fussballbegeisterte in der Region. Eine davon ist Sara Svanberg: Die 28-jährige Schwedin ist Doktorandin an der ETH Zürich in Basel und spielt beim FC Allschwil Fussball. Der Sport bedeutet ihr viel – als Ausgleich zum Arbeitsalltag, als Ort der Gemeinschaft und als wichtige Brücke zur Integration. Im Interview erzählt sie, wie eine spontane Interrail-Reise sie in die Schweiz führte, weshalb sie sich hier zu Hause fühlt und was ihr der Wiedereinstieg in den Vereinsfussball nach langer Pause bedeutet hat.Interview: FIBL, Bild: Sara Svanberg
Frau Svanberg, seit wann leben Sie in der Schweiz – und wie kamen Sie hierher?
Mein Weg in die Schweiz war eher zufällig. Nach dem Schulabschluss war ich mit einer Freundin auf Interrail-Reise durch Europa – ohne feste Pläne. In Freiburg im Breisgau empfahl uns eine Bahnmitarbeiterin Zürich. Ich war noch nie in der Schweiz und wusste nichts über das Land. Doch als wir ankamen und zum See spazierten, dachte ich: „Ich fühle mich wie zu Hause, ich kann mir vorstellen, hier zu leben.“
Später studierte ich Chemische Biologie in Schweden und suchte nach einer Möglichkeit, meine Bachelorarbeit in der Schweiz zu schreiben. So kam ich 2018 für ein Praktikum an die FHNW in Basel. Eine tolle Erfahrung – mein gutes Gefühl gegenüber der Schweiz wurde bestätigt. Die Schweiz bietet viele Chancen: Innovation, eine starke Pharmaindustrie und eine zentrale Lage in Europa. Von Basel aus kann ich Deutschland und Frankreich zu Fuss erreichen.
Nach einem Forschungsaufenthalt an der Harvard University in Boston während der Pandemie wurde mir klar, wie wichtig mir Sicherheit, Gesundheit und die Nähe zu Europa sind. Ich suchte eine Doktorandenstelle – die ETH Zürich hatte ich schon länger im Hinterkopf. Jetzt schliesse ich bald mein Doktorat ab.
Was bedeutet Integration für Sie? Wann fühlen Sie sich integriert?
Integration heisst für mich, aktiv an einer Kultur teilzunehmen. Dazu gehören Sprache, Geschichte, Traditionen – aber auch Alltagskultur: wie man einkauft, sich begrüsst oder mit Recycling umgeht. Es geht um unausgesprochene Regeln und soziale Normen. Es braucht Zeit und kann mühsam sein, diese Dinge zu lernen.
Schweden und die Schweiz sind sich in vielerlei Hinsicht ähnlich, aber die Schweiz ist ein bisschen konservativer. Woran ich mich hier wirklich gewöhnen musste, ist die häufige Verwendung von Bargeld und die eingeschränkten Öffnungszeiten der Geschäfte.
Ich bringe immer gerne das Beste aus verschiedenen Kulturen mit, aber es ist wichtig, respektvoll zu sein und sich anzupassen. Ein Zeichen meiner Integration: Ich liebe Raclette und Fondue – und vermisse in Schweden Schweizer Produkte!

Sara Svanberg ist 28 Jahre alt, stammt aus Schweden und lebt seit 2021 in der Schweiz. Sie arbeitet als Doktorandin an der ETH Zürich im Departement für Biosysteme in Basel. Neben ihrer Forschung spielt sie als Stürmerin und Flügelspielerin beim FC Allschwil. Sara spricht Schwedisch, Englisch und Deutsch – und versteht inzwischen auch gut Schweizerdeutsch.
Wie geht es Ihnen im Alltag in der Schweiz? Haben Sie Anschluss gefunden?
Ich scherze manchmal: «Kälteres Klima, kältere Menschen» – und das, obwohl ich aus Schweden komme. Dort sind wir ziemlich unabhängig, und es kann schwierig sein, neue Freundschaften zu schliessen. Als ich hierher kam, lebte ich zunächst in einem Studierendenwohnheim. Das hat mir den Einstieg erleichtert, ich konnte rasch Kontakte knüpfen. Ich stelle mir vor, dass es deutlich schwieriger ist, Anschluss zu finden, wenn man nicht als Studentin in die Schweiz kommt. Mehr Mühe hatte ich im Alltag, etwa beim Einkaufen – da musste ich mich überwinden, auf Deutsch zu sprechen und alles zu verstehen. Schweizerdeutsch war anfangs sehr schwierig. Bei meiner Arbeit bin ich von internationalen Kolleginnen und Kollegen umgeben – dadurch komme ich mit Sprache und Kultur des Landes dort weniger in Berührung.
Eine grosse Unterstützung ist mein Partner, ein Schweizer aus Bern. Wir sprechen zwar meistens Englisch, aber er hilft mir sehr dabei, die Kultur zu verstehen. Ausserdem verbringe ich dadurch viel Zeit in Bern – es war spannend, die Unterschiede zwischen den Kantonen kennenzulernen. Mein Fussballteam war ebenfalls eine grosse Hilfe: Dort habe ich am meisten Schweizerdeutsch gelernt und erlebt, wie viel Zugehörigkeit bedeuten kann.
Sie spielen Fussball im Verein. Wie kam es dazu?
Ich spiele seit rund einem Jahr beim FC Allschwil. Wir trainieren zwei Mal pro Woche. Ich wollte unbedingt wieder in den Fussball einsteigen und suchte nach Vereinen, die nicht allzu weit von meinem Wohnort entfernt sind. So fand ich den FC Allschwil im Internet. Ich hatte ein gutes Bauchgefühl und bin zu einem Probetraining gegangen, und der Trainer und die Spielerinnen haben mich sofort gut aufgenommen.
Trotzdem war es eine Herausforderung: Ich hatte seit 13 Jahren nicht mehr gespielt, sprach nicht gut Deutsch und war nicht sicher, ob ich körperlich mithalten kann. Aber die anderen haben mich sehr unterstützt - der Trainer hat zum Beispiel Übungen für mich auf Hochdeutsch erklärt. Es war ein grosser Moment des persönlichen Wachstums - körperlich, sprachlich und geistig.
Wir sind etwa 20 Spielerinnen und das Team ist sehr lokal geprägt - viele kennen sich seit ihrer Kindheit. Das kann dazu führen, dass man sich manchmal wie eine Aussenseiterin fühlt. Aber oft reicht schon ein Lächeln, ein „Hallo“ oder ein kurzes Gespräch, um sich einbezogen zu fühlen.
Haben Sie früher auch schon Fussball gespielt – oder erst in der Schweiz damit angefangen?
Ich habe mit etwa 5 oder 6 Jahren angefangen und spielte bis zur Oberstufe – dann hörte ich auf, weil wir keine Mannschaft mehr hatten und ich mich auf die Schule konzentrieren wollte.
Dass ich wieder angefangen habe, habe ich meinem Freund zu verdanken. Er hat mich motiviert, mich mit Hobbys zu beschäftigen und mich nicht nur auf die Arbeit zu konzentrieren. Ich habe einen Job, der viel Engagement erfordert. Der Fussball hat mir geholfen, einen Ausgleich zur Arbeit zu schaffen und mich zu integrieren und verwurzeln.
Welche Rolle spielt Fussball heute für Sie – auch über den Sport hinaus?
Fussball war schon immer ein Teil meiner Identität. Als ich aufhörte zu spielen, hatte ich das Gefühl, dass mir etwas fehlt. In der Schweiz habe ich den Sport wiederentdeckt – und mich neu verliebt.
Als Kind war Fussball für mich einfach ein Hobby. Heute sehe ich das anders: Fussball ist viel mehr als nur Sport – er ist Gemeinschaft, Integration, ein Ort zum Lernen und Wachsen. Man sollte nicht unterschätzen, wie wichtig Führungsqualitäten sind – und wie sehr starke Persönlichkeiten im Verein andere Menschen dazu ermutigen können, sich weiterzuentwickeln. Auch über den Fussballplatz hinaus.
Gab es sprachliche Hürden im Verein?
Ja, sehr! Anfangs verstand ich kein Schweizerdeutsch. In Einzelgesprächen sprechen zwar viele Leute Hochdeutsch, das hilft. Mit der Zeit habe ich viel passiv gelernt – durch Wiederholungen, Zusammenhänge und Routine. Heute verstehe ich das meiste, was der Coach sagt.
Am liebsten würde ich mich besser ausdrücken können – mit Humor, Spontaneität und Persönlichkeit. Das ist auf Deutsch oder Schweizerdeutsch aber viel schwieriger, und ich habe manchmal das Gefühl, dass ich nicht ganz zeigen kann, wer ich bin. Ich kann mir vorstellen, dass es schwierig ist, das nachzuvollziehen, wenn man es nicht selbst erlebt hat. Meine nächste Herausforderung: mehr sprechen – auch wenn es sich unangenehm anfühlt.
Im Juli findet in Basel die Frauenfussball-EM statt. Freuen Sie sich darauf?
Sehr! Die Region hat ohnehin viel zu bieten an Events – Fasnacht, Herbstmesse, Konzerte. Dieses Jahr war es besonders spannend mit dem Eurovision Song Contest und jetzt der Frauen-EM. Ich werde bestimmt ein Spiel besuchen. Für junge Mädchen ist es super inspirierend, Fussball auf diesem Niveau live zu sehen. Und für mich ist es besonders schön, dass Pia Sundhage Trainerin der Schweizer Nationalmannschaft ist. Sie ist eine Legende des schwedischen Fussballs.
Ist der Fussballverein für Sie ein Ort, wo Integration gelingt?
Ja – aber es braucht Geduld. Sprache ist der Schlüssel zur Persönlichkeit. Wenn man sich nicht ausdrücken kann, fühlt man sich manchmal unsichtbar. Aber kleine Gesten – ein Gespräch, ein Lächeln – machen viel aus. Ich bin sehr dankbar für die Offenheit und Hilfsbereitschaft im Team.
Haben Sie im Verein Diskriminierung oder Rassismus erlebt?
Nein – zum Glück nicht.
Was würden Sie anderen empfehlen, die neu in der Schweiz sind und überlegen, einem Verein beizutreten?
Unbedingt machen! Das ist der beste Weg, um Sprache, Kultur und Gesellschaft zu verstehen. Es braucht Mut, gerade am Anfang. Aber es lohnt sich – die persönliche Entwicklung, die sich daraus ergibt, ist wirklich unbezahlbar. Ich würde heute früher anfangen, mehr zu reden, auch wenn es sich am Anfang komisch anfühlt. Wichtig ist auch: Den richtigen Verein finden – nicht jeder Verein passt zu jeder Person. Probetrainings helfen da sehr.